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Bewegte See…

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Dänemark hat eine neue Regierung bekommen. Aber zwischen Padborg und Skagen, zwischen Rödby und Helsingör gibt es seit Jahr und Tag keine normalen politischen Verhältnisse mehr. Die Bildung einer Minderheitsregierung durch den Sozialdemokraten Anker Jörgensen erfolgte im Zeichen der totalen Ermüdung. Die Interesselosigkeit, die in weiten Kreisen des Volkes herrseht, drohte bereits in eine Verachtung der Politik und der Politiker umzuschlagen. Und so mußte man zu einer Lösung greifen, die keine Lösung ist, und die niemanden befriedigen kann.

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Dänemark hat eine neue Regierung bekommen. Aber zwischen Padborg und Skagen, zwischen Rödby und Helsingör gibt es seit Jahr und Tag keine normalen politischen Verhältnisse mehr. Die Bildung einer Minderheitsregierung durch den Sozialdemokraten Anker Jörgensen erfolgte im Zeichen der totalen Ermüdung. Die Interesselosigkeit, die in weiten Kreisen des Volkes herrseht, drohte bereits in eine Verachtung der Politik und der Politiker umzuschlagen. Und so mußte man zu einer Lösung greifen, die keine Lösung ist, und die niemanden befriedigen kann.

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Anfang Dezember 1974 war es bekanntlich dem damals regierenden Liberalen Härtling gelungen, durah ein überraschendes Manöver das Parlament aufzulösen und so einer unmittelbar bevorstehenden Abstimmungsniederlage zu entgehen. Nach den Wahlen versuchte Härtling zuerst, die Regierungsgewalt in der Hand zu behalfen, mußte dann jedoch dem Druck der Opposition weichen. Nachdem sich Karl Skytte als Mittelsmann vergeblich um die Bildung einer Majoritätsregierung bemüht hatte, ging der Regierungsauftrag von neuem an Härtling.

Nach Härtlings Scheitern versuchte Jörgensen vergeblich, eine regierungsfähige Koalition zu schaffen. Nach Jörgensen war wiederum Härtling an der Reihe und nach Härtling kam abermals Jörgensen.

Nun wußte bereits jeder mit den Dingen einigermaßen Vertraute, daß das Parlament gezwungen war, ßo gut wie jede Regierung zu akzeptieren, da man ja kein Interregnum ins Endlose verlängern kann. Daß Härtling bereit war, die halbanarchistische Glistrup-Gruppe vor den Regierungskarren zu spannen — wenn auch nicht, sie in die Regierung selbst aufzunehmen —■, zeigte deutlich, wie weit man im politischen Leben Dänemarks bereits gekommen war.

Jörgensen sah Sich gezwungen, eine Regierungsliste vorzulegen, die sich im Parlament auf nur 75 von 179 Stimmen stützen kann. Mit den Stimmen der Sozialliberalen kommt er auf 88, zur Mehrheit fehlen ihm da noch zwei Stimmen. Besser stünde er da, wenn er auch mit den

Stimmen der 4-Mann-Gruppe des abtrünnigen Sozialdemokraten Ja- kobsen rechnen könnte, aber zwischen ehemaligen Freunden ist die Versöhnung bekanntlich am schwer- steri.

An eine radikale eigene Politik kann Jörgensen nicht denken, und so sieht sich dieser Politiker wieder vor eine hoffnungslos erscheinende Aufgabe gestellt. Es ist sehr bedauerlich, daß sich die Liberalen unter Härtling nicht entschließen konnten, die Belange Dänemarks vor jene der eigenen Partei zu stellen. So treibt das Schiffchen Dänemark auf bewegter See und mit ungenügender Mannschaft in eine unsichere Zukunft …

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