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Celans Notizbuch

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„Der Sand aus den Urnen” hieß das erste Buch von Paul Celan, veröffentlicht in Wien im Jahre 1948. Elf Gedichte dieses Bandes waren einer handgeschriebenen Sammlung entnommen, die der Dichter im Februar 1944 in Czer-nowitz der Schauspielerin Ruth Kraft geschenkt hat.

Nun ist eine vorbildliche Edition dieser ersten handgeschriebenen Sammlung erschienen. Dem von Ruth Kraft herausgegebenen Band liegt in Form einer dem Original in jeder Hinsicht treuen Faksimileausgabe das kleine Notizbüchlein Celans bei: in Leder gebunden, mit der feinen Handschrift auf dem gelblichen Papier, rot die Titel, schwarz die Verszeilen.

Es ist hier nicht der Platz, die bestürzende Kraft und die frühe Reife dieser Lyrik zu würdigen. Das kleine Notizbuch selbst ist zu durchblättern als Beweis einer stillen und unbeugsamen Entschlossenheit, die der mörderischen Zeit durch das Festhalten an der reinen Kunst entgegentritt.

Viele dieser Gedichte sind im Arbeitslager Tabaresti entstanden, wo militärpflichtige Juden an Stelle von Militärdienst Zwangsarbeit leisten mußten. Der Student Paul Ancel, der sich nach 1945 Celan nannte, antwortete auf Peinigung und Todesgefahr (wie in Ungarn zur gleichen Zeit Miklös Radnöti) mit den ruhigen Bildern einer formvollendeten Poesie.

Das kleine Notizbuch gehört zu den großen Dokumenten des europäischen Humanismus.

GEDICHTE 1938-1944. Von Paul Celan. Transkription und Handschrift. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1985. Zweibändige Ausgabe öS 1.154,40.

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