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Die Helfer sind erschöpft

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Kroatiens Flüchtlingsbeauftragter steht vor einer schier unlösbaren Aufgabe: Im Land haben nach jüngsten Berechnungen 266.000 registrierte und rund 30.000 nicht registrierte Menschen aus Bosnien und Herzegowina Zuflucht gefunden; dazu kommen 252.000 Vertriebene aus den besetzten Gebieten Kroatiens.

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Kroatiens Flüchtlingsbeauftragter steht vor einer schier unlösbaren Aufgabe: Im Land haben nach jüngsten Berechnungen 266.000 registrierte und rund 30.000 nicht registrierte Menschen aus Bosnien und Herzegowina Zuflucht gefunden; dazu kommen 252.000 Vertriebene aus den besetzten Gebieten Kroatiens.

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„Unsere Möglichkeiten sind erschöpft. Wir haben keine Unterkünfte mehr!" Der Flüchtlingsbeauftragte der kroatischen Regierung, Adalbert Rebic, schlägt Alarm. Rund 550.000 Menschen aus den besetzten Gebieten des eigenen Landes (rund ein Viertel des Territoriums) und Bosnien-Herzegowinas drängen sich in Kroatien. Die Mehrheit will bleiben, nur wenig versuchen, sich weiter Richtung Westen durchzuschlagen.

Mehr als 12,5 Prozent der Bevölkerung Kroatiens sind bereits Flüchtlinge; eine enorme Belastung für das Land. Rebic: „Das ist, als ob Österreich, gemessen an seiner Bevölkerung, 850.000 Flüchtlinge zu versorgen hätte". 40 Millionen US-Dollar kosten Unterbringung und Verpflegung monatlich, 20 Millionen Dollar die medizinische Betreuung, die Transporte, Begräbnisse... Trotzdem werden die Grenzen weiter offen bleiben, betont der Flüchtlingsbeauftragte im Gespräch mit der FURCHE weiter. Man werde auch - in Anspielung auf die blutigen Konflikte zwischen Kroaten und Moslems - bei der Behandlung der Flüchtlinge weiterhin keine Unterschiede machen.

Die Sorge um genügend Nahrungsmittel - Rebic: „Wir hoffen, daß uns die EG jetzt stärker hilft" - ist für den Flüchtlingsbeauftragten nicht das einzige Problem:

„Wir versuchen, für die Vertriebenen und Flüchtlinge hier Arbeit zu finden. Das ist nicht einfach in einem Land, das 280.000 Arbeitslose hat", klagt er weiter. Sein Land sei durch den Krieg schwer getroffen. So sei mehr als ein Drittel der kroatischen Industrie zerstört.

„Für die Menschen ist es bedrükkend, nur auf das warten zu müssen, was sie von anderen bekommen", berichtet Rebic. In den großen Flüchtlingslagern, wie beispielweise Gasinci bei Djakovo, helfen die Vertriebenen mittlerweile - gegen Bezahlung - den Bauern auf den Feldern. Auf der Insel Hvar und auch in Istrien habe man den Heimatlosen die Felder sogar zur Bewirtschaftung überlassen, „damit sie - wenigstens symbolisch - die Früchte ihrer Arbeit genießen können". Für die Frauen wurden mit Hilfe humanitärer Organisationen Nähmaschinen angeschafft.

Schwierig sei dagegen die Lage in den Städten, wo es weniger Arbeitsmöglichkeiten gibt. Viele Flüchtlinge können sich - psychisch schwer angeschlagen und erschöpft- nicht aufraffen, irgendetwas zu tun.

Unermüdlich appelliert der katholische Priester Adalbert Rebic" bei seinen Reisen durch Europa an Politiker und humanitäre Organisationen, vor allem die Lebensmittelhilfe nicht weniger werden zu lassen.

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