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Die Magyaren in Jugoslawien wurden vergessen

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Ungarns christlich-nationale Regierung ahmt ihre kommunistischen Vorgängerinnen nach. Diese haben jahrzehntelang der voranschreitenden Entrechtung der 2,5 Millionen zählenden magyarischen Minderheit in Ceausescus Reich mit dem Argument wortlos assistiert, jeder Protest oder gar nur das Erwähnen des Problems auf internationalen Foren würde die Lage der Betroffenen nur noch weiter verschlechtem. Das Ergebnis ist wohl bekannt.

Dem als Ministerpräsident fungierenden Medizinhistoriker Jözsef Antall und den anderen aus dem Systemwandel hervorgegangenen Möchtegernpolitikern fällt zum Schicksal der in Jugoslawien lebenden mehr als eine halbe Million Ungarn so gut wie nichts mehr ein. Hilferufe der tagelang mit Granatwerfern beschossenen ungarischen Dörfer in Slawonien werden in Budapest mit den Worten erledigt, der Belgrader Außenminister habe die Regierung ohnehin beruhigt.

Und was die Befürchtungen der Magyaren in der Vojvodina angeht, deren Vertreter fast jede Woche eine neue Resolution verabschieden, so heißt es, Budapest wolle sich nicht in die inneren Angelegenheiten der jugoslawischen Ungarn einmischen. Überhaupt ist für Antalls Regierung Jugoslawien höchstens dann ein Thema, wenn es um die Betonung der Notwendigkeit der Einheit dieses Gebildes geht.

Gewiß ist da Vorsicht geboten; die Belgrader Medien tönen seit Wochen über Budapester Revisionisten, die im Bunde mit Österreich und Deutschland Jugoslawien bereits unter sich aufgeteilt haben sollen. Weise Zürck-haltung ist Antall auch noch vom al-lemeuesten Big Brother, den USA, die ja in seiner Außenpolitik die „absolute Priorität genießen", nahegelegt worden.

Doch den Unterschied zwischen angebotener Zurückhaltung und Anpaßung an die Propaganda großserbischer Postkommunisten begreift sein Team nicht im geringsten.

Und so werden im Budapester Rundfunk seit Wochen Berichte auf ungarisch von Radio Novi Sad über die „niederträchtige Provokation kroatischer Faschisten" übernommen. Das Femsehen belebt all dies sogar mit Bildmaterial; übernommen vom Belgrader TV.

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