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Die Reform platzt? Der Kragen!

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Sozialminister Alfred Dallinger kann sich zwar eine Abschaffung des Bundesheeres vorstellen, aber wenn es um die Abschaffung der Ruhensbestimmungen geht, streikt seine Phantasie. Partout will er sie für alle Pensionisten sogar per Verfassungsbestimmung haben, nachdem sie der Verfassungsgerichtshof vorerst einmal für Beamte für verfassungswidrig erklärt hat.

Die Konsequenz, der Entscheidung der Verfassungsrichter ein für allemal zu folgen und nach dem Artikel 7 unserer Bundesverfassung auch alle Bürger vor dem Gesetz gleich sein zu lassen, schmettert er ab, gleichgültig ob da Parteifreunde oder Koalitionspartner mit dem Unsinn der Ruhensbestimmungen aufräumen wollen.

Helmut Zük richtet er aus, daß jeder bei seinem Leisten bleiben soll, der ÖVP, daß dann eben die Pensionsreform von Juli 1988 auf Jänner 1989 verschoben wird. Damit wäre die Pensionsreform wieder dort, wo sie der Sozialminister schon seit Jahren ansiedelt: auf der langen Bank. Ein bisserl reparieren — das hat ja Tradition.

Beharrt Dallinger auf seiner Position, hat er den Hut zu nehmen. Denn sein Beharren auf Ruhensbestimmungen für alle ist so nicht unter den Hut des Koalitionsabkommens vom 16. Jänner 1987 zu bringen.

Darin haben sich SPO und ÖVP auf die „Entwicklung eines gleitenden Ubergangs in die Pension und Uberprüfung der Möglichkeit einer etappenweisen Ersetzung der Ruhensbestimmungen“ bereits geeinigt.

Nichts anderes ist es, was „Krisenmanager“ Franz Vranitzky jetzt als „dritten Weg“ hervorkramt. Nur Daliingers Vorschläge für eine „etappenweise Ersetzung der Ruhensbestimmung“ wird er —wie wir—vergeblich suchen. Das scheint der Leisten des Sozialministers doch auch nicht zu sein.

Mehrere Schritte - denn natürlich könnte ein schlagartiger Wegfall aller Ruhensbestimmungen den Arbeitsmarkt kurzfristig vor unlösbare Probleme stellen — auf ein klares Ziel hin: Diese Vernunft des Koalitionsübereinkommens hat für die Gesamtreform des Pensionssystems zu gelten. Eine Harmonisierung in Etappen ist überhaupt die einzige Möglichkeit, die soziale Altersversorgung für die Zukunft zu sichern.

Papier, heißt es, ist geduldig. Schön langsam werden aber die Bürger und Steuerzahler ungeduldig, wenn der Koalitionspakt zur Makulatur verkommt, wenn mit Terminen nach Gutdünken jongliert wird. Im Fall der Pensionsreform kostet das unverantwortlich viel Geld, im Fall der seit wenigstens fünf Monaten überfälligen Vorschläge für die Wahlrechtsreform Glaubwürdigkeit.

Angst, daß da eine Reform platzt? Nein. Es platzt der Kragen“

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