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Gefährdete Hoffnung

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1974 erschien Hilde Domins erster autobiographischer Band „Von der Natur nicht vorgesehen", der ihr Resonanz eines breiten Leserkreises einbrachte. Anläßlich des 70. Geburtstages der Autorin legt nun der Verlag eine Fortführung dieses Bandes vor.

Für diese deutsche Jüdin, die sich auch während ihres 22j ährigen Exils immer „dem anderen Deutschland" zugehörig fühlte, war das „Nach-Hause-Kommen" 1954 mit euphorischen Hoffnungen verbunden. „Die Rückkehr, nicht die Verfolgung, war das große Erlebnis meines Lebens."

Bald gab es Enttäuschungen. Nicht nur die ersten Schändungen jüdischer Friedhöfe trafen Hilde Domin tief. Die allgemeine Entwicklung, auch der gelenkte Literaturbetrieb, z. B. der Gruppe 47, irritierten sie. Sie hielt sich abseits.

Sie schreibt über „die Befreiung durch Sprache", die sie selbst erlebte; über Sinn und Möglichkeiten der Dichtung. „Literatur zeigt nicht nur die Wirklichkeit wie sie ist. Sie zeigt die Wirklichkeit, wie sie sein könnte oder sollte."

Glanzstück unter den Beiträgen: die Auseinandersetzung mit Nelly Sachs über die schwere Schicksalsgemeinschaft, in die

ein Jude hineingeboren wird. Hochinteressant die Analyse der Literaturkritik in den beiden deutschen Staaten — ohne Scheuklappen und Einseitigkeit.

Hilde Domin plädiert, was immer sie schreibt, für Ehrfurcht vor dem Menschen. Tröstlich die neue kritische Hoffnung, die ihr in den 70er und zu Beginn der 80er Jahre zuzuwachsen beginnt.

ABER DIE HOFFNUNG. Autobiographisches aus und über Deutschland. Von Hilde Domin. Piper-Verlag, München 1982.209 Seiten. Ln., öS 226,50.

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