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Die deutsche Lyrikerin Hilde Domin wurde 90 Jahre alt. Ihr Thema: das Exil.Ihre Heimat: die Sprache.

Der Rettung des Gedichts hatte sie sich jahrelang verschrieben. In ihren Frankfurter Poetik-Vorlesungen 1987/88 - programmatischer Titel: "Das Gedicht als Augenblick von Freiheit" - setzte sich Hilde Domin noch ein-mal gegen den von 1968 herüber wehenden Zeitgeist zur Wehr, den sie rund um Th. W. Adornos Pseudo-Verdikt, nach Auschwitz könne man keine Gedichte mehr schreiben, ortete. In Wirklichkeit hatten ja Paul Celan, Nelly Sachs und andere längst klargemacht, dass der Sprachlosigkeit nach der Schoa viel eher mit der verdichteten Wortkargheit der Lyrik beizukommen war (Domin: Lyrik // das Nichtwort // ausgespannt / zwischen // Wort und Wort) als mit mancher Geschwätzigkeit des Diskurses.

Hilde Domin, Doyenne der deutschsprachigen Lyrik, beging soeben ihren 90. Geburtstag. Sie war Jahrzehnte lang eine leise, aber hartnäckige Anwältin des Gedichts - in theoretischer Auseinandersetzung ("Doppelinterpretationen", 1966, "Wozu Lyrik heute", 1968,), aber vor allem im eigenen lyrischen Werk.

Dabei hatte die in die Dominikanische Republik emigrierte Hilde Palm erst im Exil zur Sprache der Gedichte gefunden. Santo Domingo, wo sie in den 40er Jahren lebte, wurde gar zur Namensgeberin: Ihre Texte veröffentlichte Palm als Hilde Domin.

Exil, Entwurzelung blieben fortan das Thema, auch nachdem Domin 1954 wieder nach Deutschland zurückgekehrt war: Die Toten und ich / wir schwimmen / durch die neuen Türen / unserer alten Häuser - so beschreibt sie die Geburtsstadt Köln nach ihrer Rückkehr, und an anderer Stelle dichtet sie: Unverlierbares Exil /du trägst es bei dir / du schlüpfst hinein / gefaltetes Labyrinth /Wüste / einsteckbar.

Eine Heimat kennt die Domin dennoch - die Sprache. Hand in Hand mit der Sprache / bis zuletzt: Nicht nur im Gedicht "Älter Werden" aus den 80er Jahren beschreibt sie dieses Lebensmotto.

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