Ingeborg Bachmann und die Weltsynode: Eine Art des Stolzes

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Respekt vor den Menschen - Ingeborg Bachmann war ein Beispeil hierfür.

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Respekt vor den Menschen - Ingeborg Bachmann war ein Beispeil hierfür.

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Die Texte Ingeborg Bachmanns, der Lyrikerin und lesenswerten Mystikerin, bewegen sich nicht flink auf der glatten Oberfläche der Dinge. Vielmehr machen sie sich jenem Geheimnis des Lebens auf die Spur, das so schwer fassbar ist, aber dem Leben Tiefe und Intensität verleiht. In die Mulde meiner Stummheit leg ein Wort – welch großartiger Satz.

Ihre Dankesrede zur Verleihung des Hörspielpreises der Kriegsblinden im Jahr 1959 hat es mir besonders angetan. Bachmann steht vor Menschen, die im Krieg barbarische Gewalt erlitten haben und dadurch ihr Augenlicht verloren – und spricht über die Redewendung Mir sind die Augen aufgegangen. Grandios. So etwas muss man können.

Dann sagt sie jenen vielzitierten Satz: Die Wahrheit nämlich ist dem Menschen zumutbar. So einfach der Satz erscheint, so provozierend ist er noch heute in Kirche und Gesellschaft. Ihren Höhepunkt findet die Rede, als Bachmann die Verletzten, die vor ihr sitzen, direkt anspricht. Wer, wenn nicht diejenigen unter Ihnen, die ein schweres Los getroffen hat, könnte besser bezeugen, daß unsere Kraft weiter reicht als unser Unglück, daß man, um vieles beraubt, sich zu erheben weiß, daß man enttäuscht, und das heißt, ohne Täuschung, zu leben vermag. Ich glaube, daß dem Menschen eine Art des Stolzes erlaubt ist – der Stolz dessen, der in der Dunkelhaft der Welt nicht aufgibt und nicht aufhört, nach dem Rechten zu sehen.

Der Respekt, den Bachmann hier den Kriegsblinden zollt, gilt auch heutigen Menschen. Menschen, die in der Lokalpolitik trotz Anfeindung dem Rechtspopulismus widerstehen; die sich entgegen der scheinbaren Vergeblichkeit gegen den Hunger in der Welt engagieren; und vielleicht sogar jenen, die sich in der Weltsynode in Rom wider alle Hoffnung für notwendige Reformen einsetzen. (Vgl. auch S. 17 dieser FURCHE.)

Die Autorin ist katholische Vulnerabilitätsforscherin an der Universität Würzburg.

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