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Haiku-Dichter

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Wenn Grillparzer sagt, die Berühmten wären nur dem verständlich, der die Obskuren durchgefühlt habe, so zitiert der Herausgeber vorliegender Texte eine Stelle aus Goethes „Italienischer Reise“, worin jedem das Recht zugesprochen wird, in seiner Art zu bestehen. Ein kleiner Mann sei auch ein Mann. Der Liebhaber allerdings dürfe sich, so Goethe, nicht mit dem Künste ler vergleichen, der für sein Tun „die Übung des ganzen Lebens“ brauche.

Aus dem Dilettantismus aber dieser Haiku-Anthologie kann man lernen, was die Form der siebzehn Silben bedeutet: Keine Lizenzen, schon gar keine Füllsel, denn Freiheiten deuten auf Schwäche. Rhythmus, Wohllaut und Spannung haben dem Bild seine Tiefe zu geben. Nur keine Gedanken aussprechen, keine Sentenzen oder Allegorien, auf keinen Fall sich bloß in Gefühlen ergehen! Der Japaner will der Welt, die er ja einmal wird verlassen müssen, klar und nüchtern begegnen, als „Reisender auf dieser grünen Erde“. So hat die Aussage ihren festen Bezug zur Natur.

Ein Leser dieser Anthologie -es gibt darin gute, weniger gute, auch schlechte, bisweilen aber hervorragende Haiku — der auch die Berühmten kennt, wird durch Vergleiche gewinnen. Zu wünschen ist, daß diese hohe Kunst, die bis auf Rilke und viele andere zurückgeht, weitergeübt wird, so lebhaft wie jetzt. Der Veröffentlichung sind die Anschriften ihrer Beiträger hinzugefügt. Es geht ja auch um Kontakte und geistigen Austausch.

FRANKFURTER ANTHOLOGIE GEGENWARTIGER DEUTSCHER HAIKU. Ausgewählt und herausgegeben von Tadao Araki. In der Reihe „Deutsch-Japanische Begegnungen im Lande Hessen“ mit Unterstützung der Deutsch-Japanischen Gesellschaft, Frankfurt am Main 1988.

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