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Hindernisse

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Glaube gehört zu den Ur-und Grundvollzügen des Menschen. Er braucht nach Eugen Biser nicht gelernt, sondern nur freigesetzt“ und „getätigt“ zu werden. Warum beklagen viele trotzdem den Verfall und die Auflösung des Glaubens?

Auch die urtümlichsten Fähigkeiten des Menschen bedürfen der Entfaltung. Niemand kann sprechen, der nicht angesprochen wird, niemand kann lieben, der nicht geliebt wird. Daß christlicher Glaube nicht freigesetzt“ wird, hängt zweifellos auch vom Mangel der Verkündigung ab. „Wie sollen sie an den glauben, von dem sie nichts gehört haben?“ (Rom 10J.5)

Es gibt aber auch noch andere Hindernisse, die heute Glaube erschweren, wenn nicht unmöglich machen. Hinderlich für das Werden des Glaubens ist alles, was den Menschen daran hindert, er selbst zu sein.

In seiner „)iagnose“ verweist Eugen Biser auf eine Reihe von Autoren, die den Zustand der heutigen Gesellschaft analysieren, auch auf George Orwell und Aldons Huxley.

Es gibt nicht nur in den totalitären Staaten, sondern auch in den sogenannten freien Gesellschaften ein Uberhandnehmen der „£s-Mächte“, die die Entfaltung menschlicher Persönlichkeit behindern. Es gibt Lebensverhältnisse, die den Menschen auf „Zindimensionali-tät“ reduzieren und die Entfaltung der übrigen Qualitäten fast unmöglich machen.

Behindernd für das Werden des Glaubens ist auch die Verführung zur Oberflächlichkeit. „Orwell hatte Angst, man würde uns die Wahrheit vorenthalten. Huxley fürchtete, daß die Wahrheit in einem Meer von Belanglosigkeiten untergehen werde. Orwell fürchtete, wir würden alle in permanenter Gefangenschaft enden. Huxley sah uns dagegen zu völlig oberflächlichen Menschen verkommen“ (Neil Postman).

Eugen Biser sieht eine der größten Gefährdungen des Menschen in der „totalen Medienwelt“. In ihr sieht er „das bisher wirksamste Instrument, die menschliche Selbstentfremdung größten Stils ins Werk zu setzen. Wer sich dem durch dieses Instrument insinuierten Medienkonsum hingibt, hört damit auf, sein unverwechselbares Personsein zu kultivieren, indem er sich statt dessen, den ihm durch die Medien insinuierten Anschauungen, Urteilen und Verhaltensmustern überläßt“ (Eugen Biser).

Das Entfremdende besteht nicht so sehr darin, daß der Medienkonsument diese Anschauungen übernimmt, sondern darin, daß der Mangel an personaler Aneignung unmittelbarer Erfahrung dazu führt, daß der Mensch immer weniger bei sich selber ist.

Neunter Teil einer Serie zum Buch „Die glaubensgeschichtliche Wende“ von Eugen Biser.

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