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Glaube als Vertrauen
Glaube hat nicht zu allen Zeiten dieselbe Gestalt. Es sind vor allem die Zeitverhältnisse — die Herausforderungen und Nöte — die einen Gestaltwandel des Glaubens veranlassen können.
Eugen Biser sieht ein Hauptproblem unserer Zeit in der zunehmenden Einsamkeit und Angst. In einer solchen Situation sind jene Elemente des Glaubens herauszustellen, die helfen, die um sich greifende Lebensangst und Einsamkeit zu überwinden.
„)amit wird dem Glauben eine therapeutische Rolle gegenüber einem brennenden Notstand des heutigen Menschen zuerkannt. Wie soll ihm auch die Uberwindung der Einsamkeit auf der Ebene gelingen, wenn er nicht zuvor lernte, die Not seiner Vereinsamung im gläubigen Kontakt mit seinem Gott zu bewältigen?“ (Eugen Biser).
Diese spezielle Anforderung an den Glauben heute verlangt einen Wandel vom „Satz- zum Vertrauensglauben“, von der bisher dominierenden Stellung der „Orthodoxie“ der formalen ^Richtigkeit“ des Glaubens, zur „Orthopraxie“, zum lebendigen Vollzug des Glaubens als einem fundamentalen Akt des Vertrauens.
Damit verlieren die Glaubensinhalte, die Glaubenssätze, nicht ihre Bedeutung, aber sie treten im Vergleich zur bisherigen Tradition in den Hintergrund.
Glaube ist nicht in erster Linie ein Für-wahr-Halten von bestimmten Glaubenssätzen, sondern ein Vertrauen, ein Sich-Gründen auf Gott, der „Quelle des Lebens“, dem „barmherzigen Vater“; aber auch auf Jesus, dem „3ild des unsichtbaren Gottes“, in dem die göttliche Selbstoffenbarung ihren un-überholbaren Höhe- und Endpunkt erreicht hat.
Wer sich selbst vertrauend Gott übereignet, bekommt Stand und Halt in der Gotteswirklichkeit. So verhilft der Glaube nach dem Verfasser des Hebräerbriefes vor allem zu einem .feststehen“: „Glaube ist ein Feststehen in dem, was man erhofft, ein Uberzeugtsein von dem, was man nicht sieht“ (Hebr „.).
Eugen Biser sieht in der Wiedergewinnung der Vertrauenskomponente eine der wichtigsten Aufgaben. „Die Frage des Uberlebens der Christenheit im zentraleuropäischen Kulturraum erscheint unablöslich verkoppelt mit der Frage des Uberlebens, wie sie sich dem heutigen Menschen insgesamt stellt. Den zweifellos effizientesten Beitrag zur Lösung dieses Problems leistet unfraglich der Glaube, sofern es nur gelingt, ihn in seiner Grundgestalt als Vertrauensglaube lebendig werden zu lassen“ (Eugen Biser).
18. Teil einer Serie zum Buch JDie glaubensgeschichtliche Wende“ von Eugen Biser
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