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An Kirche leiden

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Zu den Nöten, die ein neues Denken lehren, gehört auch das Leiden an der Kirche.

Dieses Leiden am Unge-nügen der Kirche ist nicht neu. Schon der Apostel Paulus leidet an seinen Gemeinden. „Au/s neue leide ich um euch, meine Kinder, Geburtswehen, bis Christus in euch Gestalt gewinnt. Ich wollte bei euch sein, um mit anderer Stimme zu euch reden zu können: denn euretwegen bin ich ganz ratlos“ (Gal „9f).

Es gibt aber nicht nur das Leiden an der Unvollkom-menheit des Gottesvolkes, der christlichen Gemeinden, sondern auch das Leiden an der Hierarchie. Und gerade dieses Leiden an der hierarchischen Kirchenspitze ist nach Meinung Eugen Bisers gegenwärtig besonders virulent:

„Die Klagen sind zu bekannt, als daß sie im einzelnen aufgeführt werden müßten. Nur ihre bestürzende Spannweite sei vergegenwärtigt, die sich von der Beschwerde über dirigistische Eingriffe in die Lebensformen der Ortskirchen über das Unbehagen an der einseitigen Kanalisierung des kirchlichen Informationsflusses bis hin zu der bloß administrativen Jjösung“ der auftretenden Krisen erstreckt.“

Um die „leibungsstellen“ zu markieren, an denen dieses Leiden an der Kirche seinen Ausgang nimmt, nennt Eugen Biser drei Stichworte: „Uniformität“, „ndoktrina-tion“ und Autorität“.

Wo die Sorge um die Einheit als Zwang zur Uniformität empfunden wird, dort entsteht Leid, dort werden Entwicklungen zu einer berechtigten theologisch-spirituellen Pluralität — speziell im Blick auf die Kirche auf den verschiedenen Kontinenten — gestoppt und wird die Ökumene unter den christlichen Kirchen erschwert.

Ähnliche Konfliktherde gibt es auch bezüglich der „ndoktrination“. „Das konfliktauslösende Moment ist in diesem Fall das dialogische Kommunikationskonzept, das sich durch das Zweite Vatikanum weltweit Bahn brach. Es stand im eklatanten Widerspruch zu dem jahrhundertelang durchgehaltenen Modell, demzufolge im Grunde nur die hierarchische Spitze das JSagen“ hatte...“ (Eugen Biser).

Eugen Biser stellt die Autorität in der Kirche nicht in Frage, wohl aber bestimmte Formen des Verständnisses von Autorität und deren Ausübung. Besonders scharf kritisiert er die administrative Bewältigung“ binnenkirchlicher Konflikte.

Das vielfältige Leiden an der Kirche erfordert ein neues Denken. Es gilt, unnötiges Leid mit allen Kräften zu beseitigen.

Sechster Teil einer Serie zum Buch „Die glaubensgeschichtliche Wende“ von Eugen Biser.

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