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Jugendliche und „Führer“

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(Landestheater, Linz) Zwei österreichische Erstaufführungen und eine Uraufführung am Linzer Landestheater: gemeinsam war den drei Stücken nur, daß sie gut beim Publikum ankamen.

Lauen Protest im vorhinein löste Oskar Zemmes „Heimatland“ aus, das in den Kammerspielen uraufgeführt wurde. Der am Landestheater als Beleuchter tätige Linzer Autor schuf eine Vision vom greisenhaften Hitler, der kurz vor seinem Tod zum Elterngrab nach Leonding zurückkehrt. Zumindest kommt diese Idee einer versoffenen Wirtshausinvalidenrunde beim Eintreffen eines unbekannten Alten. Zemme will deutlich machen, daß der „Führer“ in seinem „Heimatland“ noch recht gegenwärtig ist. Das gelingt ihm in seinem volksnahen Stück, auch- wenn es zuweilen zum Schwank abgleitet. Inszenierung und Ausstattung (Erwin Bi- gus/Kurt Pint) stellen das Deftige in den Vordergrund, geben aber auch Raum für beklemmende Höhepunkte. Eine gute Ensembleleistung, hervorragend Ernst Zeller als kopfschußgeschädigter Wirt.

Die erste Premiere im Theater- keller Ursulinenhof, die Büroreportage „Hoffmanns Geschenke“ des Wuppertalers Karl Otto Mühl, gab dem Linzer Publikumslieb- ling Hubert Mann Gelegenheit, das Schicksal des kleinen, immer mehr aufs Abstellgleis geratenden Angestellten brillant darzustellen. Regie führte der Schweizer Gastregisseur Urs Bürgin.

Ebenfalls zur österreichischen Erstaufführung gelangte „Abgespielt“ von Yvonne Keuls im Theaterkeller Ursulinenhof. Die Holländerin legte dem Drama ihr Tagebuch zugrunde, das sie als Mitarbeiterin eines „Auffanghauses“ für gescheiterte Jugendliche angelegt hatte. Die authentischen Texte, von Schauspielern und Regisseur (Klaus-Dieter Wilke) auf heimische Dialekte umgelegt, geben ein erschütterndes Bild vom Grad der Verstörung ehemaliger Heimkinder. Stella Hierländer, Regina Neumann, Elisabeth Arno, Christian Plunger, Dietrich Siegl, Reinhard Winter und Michael Totz spielten eindrucksvoll die psychisch und physisch Her- abgekommenęn, denen mit Schließung des „Offenen Hauses“ der letzte Hoffnungsschimmer auf eine neue Zukunft genommen wird.

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