Politisierung der Wirtschaft: Risse im globalen Regelwerk

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Freihandel galt lange als unstrittig. Jetzt wird die Wirtschaft immer stärker re-politisiert.

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Freihandel galt lange als unstrittig. Jetzt wird die Wirtschaft immer stärker re-politisiert.

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Jahrzehntelang galten internationale Freihandels- und Kapitalverkehrsregeln als unstrittige Voraussetzungen für gelindende globale Arbeitsteilung. Seit dem Beginn des Ukraine-Krieges jedoch steht dieses erfolgreiche Regelwerk vor dem Zusammenbruch.

Es entstehen überraschende Allianzen zwischen Staaten, die trotz der eindeutig russischen Kriegsschuld vom amerikanisch-europäischen Wertekodex abrücken. Der israelisch-palästinensische Krieg beschleunigt diese Fragmentierung. Sanktionen und Handelsblockaden als vermeintlich wirksame, letztlich aber weitgehend stumpfe Waffen stärken Drittländer, die als Zwischenhändler auftreten. Die lange Zeit hindurch als erfolgreich erlebte Globalisierung wird ob der entstandenen Abhängigkeiten mit einem Mal zur Belastung.

Zu den realwirtschaftlichen Verwerfungen kommen gefährliche Risse im Gefüge der globalen finanzwirtschaftlichen Zusammenarbeit. Die Sperre des westlichen Zahlungsverkehrssystems SWIFT für iranische und russische Banken hat zur Entwicklung eines von China betriebenen Alternativsystems („CIPS“) geführt. Die im BRICS-Bündnis zusammengeschlossenen Staaten wiederum arbeiten an währungspolitischen Alternativen zum US-Dollar und dem Euro als zweitwichtigster Weltwährung.

Zuletzt gerät auch die bisher unantastbare Neutralität von Notenbanken unter Druck. Die Entscheidung der EU, aus den Zinserträgen eingefrorener russischer Zentralbankguthaben Waffen für die Ukraine zu erwerben, könnte sich dabei als höchst riskanter, weil das Vertrauen in neutrale Geldinstanzen zerstörender Schritt erweisen. Die EZB sieht diese Entscheidung deshalb wohl zu Recht kritisch. Denn auch wenn die Re-Politisierung der Ökonomie nicht aufzuhalten ist, sollte sie doch nach Möglichkeit vernunftgesteuert erfolgen.

Der Autor ist Ökonom und Publizist.

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