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Modell Ferner Osten

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Wien, 1873. Franz Joseph feierte gerade sein 25jähriges Regierungsjubiläum. Wien lud erstmals zur Weltausstellung ein. Und im monumentalen Statussymbol dieser Weltausstellung, der Rotunde, dem „achten Weltwunder“, präsentierte sich erstmals der Orient mit all seiner Pracht. Speziell das Kaiserreich Japan, das an dieser Superschau der Wirtschaft, Technik, der Wissenschaften und Künste seinen Aufbruch ins Industriezeitalter, ja seinen allmählichen Aufstieg zur Weltwirtschaftsmacht demonstrierte.

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Wien, 1873. Franz Joseph feierte gerade sein 25jähriges Regierungsjubiläum. Wien lud erstmals zur Weltausstellung ein. Und im monumentalen Statussymbol dieser Weltausstellung, der Rotunde, dem „achten Weltwunder“, präsentierte sich erstmals der Orient mit all seiner Pracht. Speziell das Kaiserreich Japan, das an dieser Superschau der Wirtschaft, Technik, der Wissenschaften und Künste seinen Aufbruch ins Industriezeitalter, ja seinen allmählichen Aufstieg zur Weltwirtschaftsmacht demonstrierte.

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Damals kaufte das Museum für angewandte Kunst eine Menge der hervorragenden Produkte, Lackarbeiten, Bronzen, Keramiken, Brokate, und zwar stets mit der Absicht, diese Stücke den Studierenden der berühmten Wiener Kunstgewerbeschule als Anregung für die Kreation neuer Produkte dienen zu lassen.

Als sich dann Wiens junge Künstlerschar, die Secessionisten, 1897 unter dem Motto „Zurück zum Leben“ ähnlich wie Gruppen in München, Berlin, Paris sammelte und die Polemik gegen Historismus, Neobarock, den Geist der Wiener Ringstraße eröffnete, wandte man sich sofort der Kunst des Fernen Ostens zu, die als „frei“, weniger stilbelastet angesehen wurde. 1854 war es bereits dem Amerikaner Perry gelungen, die Abriegelung Japans zu brechen; der Verfall des Shogunates, innerpolitische Schwierigkeiten und die prowestliche Orientierung' der Meiji hatten auch nach der Weltausstellung für immer neuen Nachschub an Produkten nach Europa gesorgt.

Die Wiener Secessionisten kamen, gemessen an Frankreich, erst relativ spät zur Kunst des Ostens. Und was sie faszinierte, waren weniger die flächigen Darstellungen des Fudschijama, die berühmten Theaterbilder, die Kurtisanenszenen, die Frankreich in eine Ostasieneuphorie versetzt hatten, sondern das war in erster Linie „das Leben selbst“. Japanische Siegel und Hauszeichen etwa inspirierten zu den Signaturen und Vignetten und Stoffmustern der Secessionisten, Hoku-sais Wellenspiele und Wasserfälle dienten als Kompositionsmodelle, die von 1897 bis zu den späten' Tagen der Wiener Werkstätte in den zwanziger Jahren ,,Mode;' blieben. Und wollte man die direkten Verbindungen zwischen den japanischen Holzschnitten und verwandten Darstellungen in den Werken Klimts, Kolo Mosers, Czeschkas, Orliks, Schieies und anderer finden, so müßte man bloß direkte Formenvergleiche anstellen.

Die Ausstellung „Japanischer Farbholzschnitt und Secession“ gibt Möglichkeiten, zumindest das japanische Material zu studieren, wenn auch das jeweils direkte Vergleichsobjekt der Wiener Secession fehlt. Aber schon dieses Material beweist, daß auch die Secessionisten im Grunde einen ähnlich romantisierenden Geschmack hatten wie die Künstler der Makart-Generation, daß sie mit einer Zielstrebigkeit ganz bestimmte Muster verarbeiteten und für ihre Zwecke adaptierten. Man muß nur Klimts Stocletfries, und zwar das in Baumranken eingesponnene Mädchenbild der „Erwartung“, mit verwandten japanischen Floralmustern vergleichen, oder die Kopfformen von Klimts „Judith II“ (Salome; in Venedig) mit japanischen Stilisierungen, um zu wissen, woher im Wiener Jugendstil Proportionsgesetze, Arrangements, Linienführungen stammen oder zumindest herzuleiten sind.

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