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Kimono für Klimt

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Die Wiener Staatsoper war in Tokio, Kabuki-Theater und Tokyo-Ballet gastierten in Wien. Kulturelle - und nicht nur touristische - Kontakte beider Länder haben Tradition.

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Die Wiener Staatsoper war in Tokio, Kabuki-Theater und Tokyo-Ballet gastierten in Wien. Kulturelle - und nicht nur touristische - Kontakte beider Länder haben Tradition.

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Wie sähen die Bauten der Moderne und Postmoderne ohne die Kenntnis der japanischen Archi-' tektur aus? Wie wäre es umgekehrt um die japanische Medizin, um das japanische Recht und um die japanische Wirtschaft bestellt, hätten nicht viele Söhne Nippons in Wien studiert?

Seit der bis dahin von allen Fremdeinflüssen abgeschirmte asiatische Inselstaat in der zweiten

Hälfte des 19. Jahrhunderts seine Isolation aufgab und am 18. Oktober 1869 auch mit dem europäischen Binnenland Österreich-Ungarn einen Freundschafts-, Handels- und Schiff ahrtsvertrag abschloß, haben sich nämlich Österreicher und Japaner an der Kultur des anderen orientiert und sich von ihr inspirieren lassen.

Nun erinnert man sich da wie dort mit Ausstellungen, wissenschaftlichen Symposien und Büchern des vor 120 Jahren aufgenommenen Kontaktes, der durch die Teilnahme Japans an der Wiener Weltausstellung von 1873 intensiviert wurde.

Julia Krejsa und Peter Pantzer, seines Zeichens aus dem 1938 gegründeten Institut für Japanologie der Wiener Universität hervorge-

gangener Professor und Direktor des Japanologischen Seminars in Bonn, machen in ihrem kürzlich im Herold-Verlag erschienenen Buch „Japanisches Wien“ (Reihe Wien international, 191 Seiten, zahlreiche Abbildungen, öS 248,-) auf im Museum für Völkerkunde, im Kunsthistorischen Museum und im Museum für Angewandte Kunst befindliche Japonica aufmerksam. Darüber hinaus berichten sie auch über „Reiseziele“, wo man japanische Fächerschablonen, Kimonos oder Keramiken kaufen, japanische Ziersträucher bewundern, japanische Gerichte essen und japanische Sportarten betreiben kann.

Ein in der Wiener Universität abgehaltenes Gedächtnissymposion setzte sich hingegen mit dem „Dia-logzweier Kulturen“ auseinander. Dabei wurde hervorgehoben, daß die Beziehungen zwischen den beiden Staaten keine Einbahnstraße bilden: So wurde das fernöstliche Land durch österreichische Musiker mit westlicher Musik vertraut und mauserte sich nach dem Zweiten Weltkrieg auch dank des in Österreich entwickelten LD-Ver-fahrens zu einer Stahlindustrie-Macht. Bei uns gelangten durch die Kenntnis j apanischer Kunstformen sowohl der Jugendstil als auch die Gebäude beziehungsweise Geschäftsportale der Postmoderne zu ihrer unverwechselbaren Note.

Besonders beeindruckend waren deshalb die von Peter Pantzer in seiner Eigenschaf t als Diskussionsleiter des Symposions kommentierten Dia-Vorträge zu Architektur und Kunstgeschichte. So stellten Masato Kawamukai von der Tech-

nischen Universität Tohoku und der Wiener Architekt Ernst Beneder japanische Wohn- und Geschäftshäuser sowie Interieurs vor, die Vorbilder für Adolf Loos, Otto Wagner, Josef Hoffmann, Kolo Moser und Hans Hollein waren. Sie lassen gleichzeitig erkennen, wie die von den Österreichern vereinnahmten und umgeformten Details dann wieder japanischen Architekten Anregungen für ornamental verzierte Fassadenverkleidungen, etwa im Stil des Postsparkassengebäudes, gaben.

Ähnlich aufschlußreich waren die Ausführungen von Koichi Koshi, der in Wien Kunstgeschichte stu-

diert hat und jetzt an der Universität für Schöne Künste und Musik in Tokio Vorlesungen über abendländische Kunstgeschichte hält. Er, aber auch sein Koreferent Johannes Wieninger vom Österreichischen Museum für Angewandte Kunst, sprachen über das „Japanische bei Klimt“.

Dessen dekorative Malerei, inszenierte Theatralik, Vorliebe für Gold, flächige Farbbehandlung und abstrahierende Darstellungsweise wurzeln nämlich, wie beide herauskristallisierten, nicht nur in längst erkannter Tradition ägyptischer, kretischer und byzantinischer Kunst, sondern zumindest ebenso sehr in japanischer.

Vor allem durch die Gegenüberstellung von Dias über Klimts Privatsammlung - darunter japanische Gewebe und Kostüme, Farb-holzschnitte, Samurai-Rüstungen und Masken - und solchen von Bildern der Emilie Flöge sowie dem großen Mosaik im Speisesaal des Palais Stocletin Brüssel wird die Übernahme japanischerDe-tails deutlich.

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