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Nach München

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Es kann keinen kompetenteren Zeugen für die Geschehnisse in der Tschechoslowakei nach dem Diktat von München geben, als es der nachmalige amerikanische Botschafter in Moskau ist. Wenn seine Aufzeichnungen aus jener Zeit nun auf deutsch erscheinen, muß dies für alle Interessierten hochwillkommen sein. Das müssen wir wohl nicht lange erläutern und dürfen uns auf einige Hinweise im einzelnen beschränken. Die geschichtliche Bearbeitung jener Zeit pflegt man sonst im Lichte des Treppenwitzes, des nachträglichen Besserwissens, vorzunehmen; hier ist unverfälscht alles nachzulesen, was man damals an eventuellen Möglichkeiten ins Auge faßte — damals, als man noch nicht wußte, wie die Geschichte ausgehn sollte. Es ist hier also über Pläne gemäßigter Deutscher, über deutschfreundliche Tschechen, über die Dinge in Karpatenrußland, und über das Schicksal der Juden allerhand zu lesen, was man anderswo nicht leicht findet. Auf Seite 212 auch ein Passus über den Adel; diese wenig zahlreiche Gruppe hat sonst wenige Berichterstatter interessiert. Stellenweise sagt Kennan nur allzu richtig voraus, was die Reaktion auf das Protektoratsregime sein würde... An dem Nachwort von Frederick G. Heymann, welches die Papiere Kennans von einem beiläufig resistentialistischen Standpunkt aus zurechtrückt, hat der Leser wenig Freude. Ohne das Regime Tiso zü loben, ist doch zu sagen, daß es viel leichter ist, dieses Regime nachher zu tadeln als zu sagen, was Tiso denn im März 1939 hätte tun sollen... Der Autor hat sich der Mühe unterzogen, ein „Erläuterndes Personenverzeichnis' zu verfassen. Vielleicht hätte er das besser einem auf solche Arbeiten spezialisierten Subalternen aufgetragen, der die Angabe wohl ohne unangemessene Mühe hätte komplettieren können. Ein gewöhnlicher Index folgt.

DIPLOMAT IN PRAG 1938—1940. Berichte, Briefe, Aufzeichnungen. Von George F. Kennan. Ursprung' licher Titel: „From Prague öfter Munich. Diplomatie papers 1938 bis 1940.“ Übers, von Hans Jürgen Ko s-k u II. Frankfurt, Goverts-Krüger-Stahlberg-Verlag 1972. 252 Seiten.

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