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Problem Wunder

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Die Frage des Wunders behandelt Heinrich Fries in seiner Fundamentaltheologie sehr ausführlich. Trotz der Gefahr der Vereinfachung und des Mißverständnisses seien nur einige Aspekte herausgegriffen.

# Zur Tatsache der Wunder:

Die kritische Exegese stellt eine Reihe von Wundergeschichten im Neuen Testament als historische Fakten in Frage. „Solche nichthistorische Wunderberichte sind Aussagen des Glaubens über die Heilsbedeutung der Person und der Botschaft Jesu. Insofern sind sie wahr” (Heinrich Fries). Trotzdem gibt es wenig Exegeten, die das Faktum des Wunders im Leben Jesu total bestreiten. Fries zitiert W. Trilling: „Die große Zahl der evangelischen Wunderberichte wäre unglaubhaft, wenn nicht entsprechende Vorgänge im Leben Jesu dahinterstünden. Ein von allen Wundern befreiter Jesus ist unhistorisch”.

# Zum Wesen des Wunders:

Das Wunder wird oft definiert als ein Geschenk, das die Möglichkeiten der Natur übersteigt und die Naturgesetze durchbricht; z. B. die Heilung einer Krankheit, die natürlich nicht erklärbar ist, wird einem Eingreifen Gottes zugeschrieben.

Dieser Wunderbegriff wird heute vielfach in Frage gestellt. Schon Augustinus sagte: „Wunder stehen nicht gegen die Natur, sondern gegen das, was wir von der Natur wissen.” Völlig fremd ist diese Auffassung von Wunder dem biblischen Denken. Das Wesentliche am Wunder ist nicht das Durchbrechen der Naturgesetze, sondern daß Gottes Macht und Liebe, die auch im Alltag wirksam ist, in außerordentlichen Ereignissen besonders sichtbar wird.

# Zur Funktion des Wunders: Die traditionelle Apologetik sieht im Wunder den wichtigsten Beweis für die Glaubwürdigkeit Jesu. Durch die Wunder ist Jesus von Gott selbst beglaubigt. Die Wunder sind also ein Kriterium der Glaubwürdigkeit. Sie ermöglichen Glauben. Auch die Schrift kennt diese Funktion des Wunders.

Andererseits setzen Wunder den Glauben voraus. Heinrich Fries verweist auf eine Reihe von Schriftworten, die dies bezeugen und zieht daraus folgenden Schluß: „Nicht durch die Machttaten, die Jesus wirkt, kommen die Menschen zum Glauben an Jesus, sondern durch ihren Glauben erwarten die Menschen Jesu helfende und heilende Macht; auf ihren Glauben hin wirkt Jesus die Zeichen seiner Macht.”

„Wunder” geschehen, wo Menschen glauben. Wo „Wunder” geschehen, beginnen Menschen zu glauben. Diese Erfahrung gibt es auch in der Kirche von heute.

20. Teil einer am Buch ,.Fundamentaltheologie” von Heinrich Fries (Sty-ria 1985) orientierten Serie.

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