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Romancier der Wirklichkeit

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Seine Romane sind Bilder deutschen und also auch menschlichen Schicksals. Sie formulieren in einer für die Zeit gültigen Form die' großen ethischen Fragen der deutschen Idealistischen Philosophie, ohne jedoch ins Spekulative zu verfallen. Sie wollen weder moralisieren, noch Agitation betreiben. Sie bleiben der Wirklichkeit und nur dieser verpflichtet. Auch seine Erzählungen schöpfen aus der Realität. Ihre Helden sind zumeist alltägliche Menschen, durch eine einfache Begebenheit des Lebens vor die Wahl gestellt, sich um den Preis eines schäbigen Kompromisses Vorteile zu verschaffen oder der leisen Stimme ihres Gewissens zu folgen.

Siegfried Lenz, dieser Geradlinigste unter allen heutigen Erzählern deutscher Zunge, feiert am 17. März seinen 60. Geburtstag.

Es ist ihm, wie nur wenigen seiner Generation, gelungen, die Werte eines großen epischen Werkes dem breiten Publikum zu vermitteln. Sein Roman „Deutschstunde“ (1968) wurde von Hunderttausenden gelesen, die Romane „Das Vorbild“ (1973), „Der Verlust“ (1981) und „Exerzierplatz“ (1985) haben die Verbindung zwischen Autor und Leserschaft noch weiter verstärkt. Der Erfolg lohnt die Arbeit eines Schriftstellers, der seinem persönlichen Erlebnisbereich, seinem Lebensgefühl und seinem ethischen Standort stets treu blieb.

Siegfried Lenz schreibt über die oft dramatischen Veränderungen im nordöstlichen Deutschland. Verhängnis, Schuld, Läuterung vollziehen sich in einer ausgedehnten, aber überschaubaren Landschaft. Die Darstellung ist genau, die Diktion ruhig, die Syntax von disziplinierter Dichte. Daß Siegfried Lenz ein liebenswürdiger Mensch ist, wissen nur seine Freunde und die Leser seiner kurzen, oft humorvollen Geschichten. In den Romanen herrscht eine selbstgewählte Askese im Dienste der geschlossenen Form.

Siegfried Lenz entzieht sich dem Geschwätz der modischen Ästhetik. Sein Werk läßt sich nicht zerreden. Auch darin liegt ein Beweis ihrer Bedeutung.

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