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Staats- und Privataktum

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Breschnjew (eröffnet mit ernster Miene das sowjetisch-deutsche Gespräch): Wir wollen nur Sicherheit und Frieden!

Bundeskanzler Schmidt: Auch wir wünschen nichts sehnlicher als Frieden und Sicherheit!

Breschnjew: Demnach bestehen zwischen uns bei der Einschätzung unserer gegenseitigen Beziehungen wie der Weltlage überhaupt tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten!

Ein sowjetischer Offizier am Rande des Geschehens (blickt auf seinen finster schauenden Staats- und Parteichef, fixiert dann einen deutschen Offizier am Rande des Geschehens, denkt): Ob ich den Kerl eines Tages niederknallen muß?

Ein deutscher Offizier am Rande des Geschehens (sucht im Mienenspiel seines Bundeskanzlers zu lesen, fixiert dann den sowjetischen Offizier am Rande des Geschehens, denkt): Ob ich den Kerl eines Tages niederknallen muß?

Bundeskanzler Schmidt: Wir sollten die Unterschiede zwischen unseren Auffassungen untersuchen und schrittweise zu bereinigen versuchen.

Breschnjew: Ich schlage vor, wir be-

ginnen mit dem Komplex Sicherheit!

Bundeskanzler Schmidt: Ich frage mich, ob es möglich ist, in einem solchen Gespräch die Problemkreise Sicherheit und Frieden zu trennen!

Breschnjew: Für uns ist der Frieden das automatische Resultat unserer Sicherheit!

Bundeskanzler Schmidt: Für uns ist Sicherheit die unabdingbare Voraussetzung des Friedens!

Breschnjew: Ich sehe kaum eine Möglichkeit, so divergierende Standpunkte auf einen Nenner zu bringen!

Ein deutscher Mann auf der Straße (denkt): Hoffentlich kann Schmidt

Breschnjew davon überzeugen, daß wir den Russen nichts tun wollen!

Ein sowjetischer Mann auf der Straße (denkt): Hoffentlich kann Genosse Breschnjew die blutrünstigen

Deutschen davon überzeugen, daß ein Angriff auf uns ihr eigenes Ende wäre!

Breschnjew: Übrigens haben wir genug Waffen, uns gegen jeden Angreifer zu verteidigen!

Bundeskanzler Schmidt: Übrigens verlassen wir uns nicht auf die Amerikaner, sondern haben ein sehr beachtliches eigenes militärisches Potential!

Eine Zeitung: Harte Verhandlungen zwischen Bundesrepublik und Sowjetunion!

Ein Rundfunkkommentator: Wie man aus der Umgebung der Staats-

männer hört, geht es vor allem darum, Mißverständnisse abzubauen und einander vom eigenen Friedenswillen zu überzeugen.

Bundeskanzler Schmidt: Übrigens bestünde durchaus die Möglichkeit, den Handel zwischen unseren beiden Ländern auszuweiten!

Breschnjew: Wollen Sie mehr von uns kaufen - oder uns mehr verkaufen?

Bundeskanzler Schmidt: Wir denken an eine bedeutende Ausweitung unserer Importe aus Ihrem Land!

Breschnjew: Gegen harte Währung?

Bundeskanzler Schmidt: Selbstverständlich gegen harte Währung.

Ein Fernsehsprecher: ... soll sich in den letzten Stunden eine weitgehende Annäherung der Standpunkte abzeichnen ...

Bundeskanzler Schmidt: Wir haben übrigens nicht die Absicht, die Sowjetunion zu überfallen!

Breschnjew: Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?

Bundeskanzler Schmidt: Weil wir dann nicht doppelt, sondern viermal soviel aus der Sowjetunion importieren müßten!

Die „Randbemerkungen eines engagierten Christen“ geben die Meinung des Autors wieder. Diese muß sich nicht mit der Meinung der Redaktion decken.

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