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Dienerei in Prag

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Der Prager 14. Parteitag der KPTsch, der knapp vor Pfingsten abgehalten wurde, hätte im Interesse der KP-Führung kaum günstiger fallen können, auch wenn der Termin durch die Gründung der Partei vor 50 Jahren vorausbestimmt war. Auch wird ja heute schnell vergessen, so daß sich nur wenige daran erinnerten, daß es schon einmal einen 14. Parteitag der KPTsch gegeben hatte, und zwar vor dem Truppeneinmarsch im Spätsommer 1968, und dessen Beschlüsse von Moskau sofort, später auch von Prag selbst nicht mehr anerkannt wurden.

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Der Prager 14. Parteitag der KPTsch, der knapp vor Pfingsten abgehalten wurde, hätte im Interesse der KP-Führung kaum günstiger fallen können, auch wenn der Termin durch die Gründung der Partei vor 50 Jahren vorausbestimmt war. Auch wird ja heute schnell vergessen, so daß sich nur wenige daran erinnerten, daß es schon einmal einen 14. Parteitag der KPTsch gegeben hatte, und zwar vor dem Truppeneinmarsch im Spätsommer 1968, und dessen Beschlüsse von Moskau sofort, später auch von Prag selbst nicht mehr anerkannt wurden.

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Der ganze Parteitag, vor allem aber die am letzten Tag durchgeführten Wahlen, haben gezeigt, daß nach zwei Jahren radikaler personeller Änderungen die Führung der KPTsch völlig konsolidiert erscheint. Immerhin ergab die Wahl ein Paradox: Im ZK, also im theoretisch höchsten Führungsorgan der Partei, sind nur 25 bisherige Mitglieder verblieben, während 85 ausgewechselt wurden. Dieser enormen Bewegung im ZK steht aber eine praktisch unveränderte Führungsschicht in jenen Gruppen gegenüber, die die eigentliche Führungsarbeit leisten, im Parteivorstand und im Sekretariat.

Aus dem eifgliedrigen Parteivorstand ist lediglich der frühere Sozialdemokrat Evžen Erban ausgeschieden. Erban, heute 59 Jahre alt, hat seinerzeit eine maßgebliche Rolle bei der Fusion von SP und KP gespielt, innerhalb der KPTsch eine entscheidende Rolle gespielt und war in der) letzten beiden Jahren sogar Präsident der Nationalen Front, also des Spitzengremiiums der politischen Parteien und Massenorganisationen. Nun scheint sein politischer Stern stark im Sinken begriffen. Statt Erban kam der 47jährige frühere Verkehrsminister und nunmehrige Gewerkschaftspräsident Dr. Karei Hoffman ins Parteipräsidium.

Mit Husak, Svoboda, Štrougal, Bilak, Hoftmann, Indra, Colotky, Kempny, Kapek, Korčak und Lenart zeigt die Parteispitze die gewohnte konservative bis radikal- konservative Mischung.

Im Parteisekretariat hat sich überhaupt keine Änderung ergehen.

Nicht nur die Konsolidierung der Führung wurde schon bei Beginn des Monsterkongresses mit 1200 Teilnehmern sichtbar, ebenso ein sehr devotes Einschwenken auf die von Moskau gewünschte Linie, ob dies nun den Einmarsch dar Truppen des Warschauer Paktes oder die politische oder wirtschaftliche Linie betraf.

Diese Haltung wurde von Breschnjew wohl befriedigt zur Kenntnis genommen, aber keineswegs honoriert. Weder ein Abzug noch auch nur eine Reduzierung der sowjetischen Besatzungstruppen wurde angedeutet noch wurden Konzessionen auf wirtschaftlichem Gebiet sichtbar. Und dort, wo sich Breschnjew befriedigt und lobend über die Tschechoslowakei und die tschechoslowakische Führung aussprach, klang dies mehr nach einer Drohung: „Innerhalb der brüderlichen Gemeinschaft der sozialistischen Länder hat die Tschechoslowakei eine echte Sicherheit und Unabhängigkeit und Unverletzlichkeit ihrer Grenzen erlangt“, erklärte wird niemals gelingen, die Tschechoslowakei aus dem sozialistischen Lager herauszubrechen und die

Brüderlichkeit und Freundschaft dieses Lagers zu zerstören.“

Verständlicherweise wurde Prag auch Plattform für außenpolitische Erklärungen, die vor allem Breschnjew, aber auch Husäk und die anwesenden Parteichefs der anderen Ostblockländer abgaben.

Husäk bedauerte vor allem, daß Bonn noch immer nicht das Münchner Abkommen von Anbeginn an, „mit allen Konsequenzen", für un gültig erklärt habe — eine Formulierung, die in gleicher Art Breschnjew und die meisten der anderen Parteichefs übernommen haben. Auch Breschnjew bewegte sich auf der harten Linie und bedauerte, daß der Westen eine ganze Konzeption erfunden habe, derzu- folge die europäischen Probleme angeblich unmöglich anders als in einem Komplex gelöst werden könnten, ein unmißverständlicher Hinweis, daß in sowjetischer Sicht das Berlin-Problem nicht unbedingt gemeinsam mit der europäischen Sicherheitskonferenz gelöst werden müsse.

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