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„Unentschlossenheit und Labilität“

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„Nach dem Jänner 1968 zeigte es sich, daß die neue Parteiführung mit Alexander Dubcek an der Spitze wegen ihrer unterschiedlichen Auffassungen, politischen Uneinigkeit und allgemeinen Schwäche nicht in der Lage war, diese Aufgabe zu erfüllen. Die Position des Präsidiums des ZK der KPTsch wurde von Anfang an dadurch geschwächt, daß einige Genossen, die für die Fehler und Deformationen der Vergangenheit verantwortlich waren, Mitglieder des Präsidiums blieben und daß J. Spacek und J. Borůvka ins Präsidium gewählt wurden, die sich schon sehr bald als Exponenten der Rechten zeigten. Entscheidend jedoch war die Tatsache — wie die weitere Entwicklung zeigte —, daß besonders A. Dubcek nicht die Voraussetzungen hatte, um die Kompliziertheit der Situation und die Risken zu verstehen, die mit der Veränderung der Führung unter solchen politischen und wirtschaftlichen Bedingungen, wie sie in unserer Partei und Gesellschaft herrschten, verbunden sind. Seine Unentschlossenheit und seine Labilität bewirkten, daß die Führung sich nicht auf das Vertrauen der überwiegenden Mehrheit der Mitglieder des ZK der KPTsch und die Unterstützung der Mehrheit der Kommunisten stützte und sich nicht an die Spitze der marxistisch-leninistischen Kräfte stellte, die sich schon seit Jahren um die Verbesserung der Arbeit der Partei bemühten. Die große potentielle Energiequelle für die Entwicklung des Sozialismus, die die vom Jännerplenum hervorgerufene Initiative und Hoffnung der Menschen darstellte, wurde vergeudet und von den rechten Kräften sogar mißbraucht. Anstatt die Initiative und die straffe Leistung der Entwicklung zu ergreifen, überließ die Parteiführung sie von Anfang an der Spontaneität und ermöglichte damit das organisierte Vorgehen der Rechten.

Diese Handlungsweise, die die Prinzipien des demokratischen Zentralismus verletzte, war gleichzeitig Anlaß zur Entfesselung der Kampagne der Massenmedien. In diesen Massenmedien hatten die Rechten schon vor dem Jänner bedeutende Positionen inne, die sie in dieser Zeit noch festigten und aus denen sie die Hauptwaife der Angriffe gegen die Partei und den sozialistischen Staat machten. Das wurde unter anderem auch dadurch ermöglicht, daß die Partei- und Staatsführung im Prinzip auf die Leitung und Kontrolle verzichtete.

Mit der Herrschaft über die entscheidenden Massenmedien gewannen die Rechten faktisch die Möglichkeit, die Auslegung des Sinns und der Ziele des Jännerplenums in ihrem Sinne zu monopolisieren. Gleichzeitig gaben sie ihrer Kampagne den Anschein, als ob es sich um die Unterstützung der „neuen“ Politik der Partei handle, als ginge es um den Kampf für einen „neuen“, „besseren“ Sozialismus. So konnte es geschehen, daß sich um diese Losung neben denjenigen, die mit dem Sozialismus nicht verwachsen waren, neben den offenen Feinden unserer Ordnung, auch eine große Zahl ehrlicher Bürger gruppierte.

Da die führenden Organe der KPTsch faktisch aufgehört hatten, die Partei und die Massenmedien anzuleiten, wurde die Richtung der politischen Entwicklung im Land immer mehr von den Rechten und nicht von der Parteiführung bestimmt. Die Tatsache, daß der Angriff gegen die Grundfesten des Sozialismus von Menschen geführt wurde, die in der Mehrheit das Parteidokument in der Tasche trugen, erweckte in der Öffentlichkeit den Anschein, als ginge es um eine Auseinandersetzung zwischen denjenigen, die für den Jänner sind, und denjenigen, die gegen den Jänner sind, zwischen den „progressiven“ und den „konservativen“ Kommunisten, zwischen denjenigen, die die Entwicklung der Gesellschaft verbessern wollten, und denjenigen, die überholte Methoden verteidigten. Die Massenmedien haben dieses falsche Bild ununterbrochen in das Bewußtsein der Menschen hineingetragen. Das war der Grund dafür, warum es ihnen allmählich gelungen ist, einen verhältnismäßig großen Kreis der Öffentlichkeit irrezuführen und zu verbergen, daß es sich in Wirklichkeit um einen Klassenkampf, um einen Angriff auf die Existenz des Sozialismus handelte. Der rechten Propaganda ist es somit gelungen, auch große Gruppen ehrlicher werktätiger Menschen in unserer Heimat zu verwirren. Bedeutende Erfolge erzielten sie unter einem verhältnismäßig großen Teil der Intelligenz, besonders unter der auf geistigem Gebiet tätigen Intelligenz.

Der Kampf um die Macht wurde auch zum Kampf um die Veränderung der außenpolitischen Orientierung der CSSR. Der rechtsopportunistische und antisozialistische Block strebte die Liquidierung der Hauptgarantie für die nationale und staatliche Existenz der sozialistischen Tschechoslowakei an, die auf der Freundschaft und dem Bündnis mit der Sowjetunion und den anderen sozialistischen Ländern beruht. So sollten die äußeren Bedingungen für die Liquidierung des Sozialismus in der Tschechoslowakei geschaffen werden.

Diese und viele weitere Tatsachen dokumentieren die Verbindung der Ereignisse in der Tschechoslowakei mit dem Kampf des internationalen Imperialismus gegen die sozialistische Gemeinschaft.

Die Strategen der antikommunistischen Zentren in der Welt hatten in der sozialistischen Tschechoslowakei ihre direkten Helfershelfer. Der Klub der engagierten Parteilosen und der Klub 231 standen in engem Kontakt mit westlichen Spionage-’

diensten und erhielten von ihnen nicht nur politische, sondern auch materielle Unterstützung.

Einen bedeutenden Einfluß im Kampf gegen den Sozialismus in der CSSR hatten Kräfte, die sich von den Positionen des Zionismus aus engagierten, eines der Instrumente des internationalen Imperialismus und Antikommunismus. In den antikommunistischen Plänen, die auf der Demagogie mit dem sogenannten demokratischen Sozialismus basierten, fiel der wiedererwachenden Sozialdemokratie eine bedeutende Rolle zu. Sie bereitete sich vor, als selbständige politische Kraft aufzutreten, indem sie die sozialdemokratischen Überreste auszunutzen beabsichtigte, die im Denken eines Teils der Mitglieder der KPTsch noch vorhanden waren, um sie auf ihre Seite zu ziehen. Auch in den anderen in der Nationalen Front vereinigten Parteien, in der Tschechoslowakischen Sozialistischen Partei, der Tschechoslowakischen Volkspartei, der Partei der Slowakischen Wiedergeburt und der Partei der Freiheit, wurden Programme der weiteren Tätigkeit ausgearbeitet, die auf das Negieren der führenden Rolle der KPTsch und die Erneuerung der alten bürgerlichdemokratischen und klerikalen Basis gerichtet waren.

Eine nicht geringe Rolle fiel im antisozialistischen Spiel um die Tschechoslowakei den reaktionären Vertretern des katholischen Klerus zu, die stark von den katholischen Emigranten im Ausland unterstützt wurden.

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