Wieder einmal, nun aber komplett, kommt eine Werkausgabe von George Saiko heraus, fünfbändig. Nach seinen zwei Romanen, den Dramen und Essays, liegen jetzt gesammelt „Die Erzählungen" vor; es fehlen nur noch die „Briefe".
Der Qualität seiner Diktion nach ist es schwer, vom breiteren Publikumsinteresse her leicht zu verstehen, wieso dieser meisterhafte Autor und Träger des Großen Österreichischen Staatspreises für Literatur relativ wenig bekannt wurde: Der heutige Leser ist vor allem neugierig auf alles effektvoll Neue; doch George Saiko ging von der Darstellungsweise seiner Freunde und Vorbilder Hermann Broch und Robert Musil aus und führte deren literarischen Denkansatz weiter.
Die in diesem Band (vollständig wie noch nie) zusammengefaßten 19 Beispiele beispielhafter Kurzprosa zeigen die Entwicklung des Autors über ein halbes Jahrhundert. Denn die frühesten Geschichten sind 1913 entstanden, die spätesten im Todesjahr 1962. Adolf Haslinger, der Herausgeber, hat auch diesen Teil mit einem lesenswerten Nachwort versehen, das die zeitkritische Haltung Saikos interpretiert: zumal die sensiblen Jahre des Krieges und 1934, und „im Staatsvertragsjahr 1955", ein Thema, von dem „damals niemand etwas hören wollte". Eigentlich müßte solcher Unwille mittlerweile überwunden sein.
DIE ERZÄHLUNGEN. Von George Saiko. Residenz Verlag, Salzburg 1990. 303 Seiten, öS 298.-.