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Was jetet, Professor Hr dlicka ?

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Auf die Berufung nach Wien hat Alfred Hrdlicka ungeduldig gewartet. „Natürlich möcht' ich in Wien was machen — nicht nur des Ausgedinges wegen“, sagte der Bildhauer denn auch ganz offen. Und da drängte die Zeit: „Nächsten Februar bin ich 60, und damit kann ich hier kein Beamter mehr werden. Einige Leute haben sicher Interesse daran.“

Noch im Juni glaubte Hrdlicka, als Wiener Professor verhindert zu werden. Hoffte es vielleicht sogar, um sich selbst in seinem Österreich-Bild bestätigt zu bekommen: Die Schlußfolgerung, daß politisch engagierte und unbequeme Künstler eben in groß-koalitionären Zeiten und unter einem Bundespräsidenten Kurt Waldheim nicht reüssieren können, hätte trefflich Stoff für einschlägige Polemik geliefert.

Nichts dergleichen. Der Ministerrat hat am 8. September 1987 die „Ernennung von Professor Alfred Hrdlicka zum .ordentlichen Hochschulprofessor' an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien, mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1988, unter Gewährung des Gehaltes der Gehaltsstufe 10 eines ordentlichen Hochschulprofessors sowie unter beitragsfreier Anrechnung der Ru-hegenußvordienstzeiten soweit hiefür gemäß Paragraph 56 des Pensionsgesetzes 1965 ein besonderer Pensionsbeitrag zu leisten wäre“, beschlossen.

Womit die Republik — keineswegs nur in diesem Fall - nicht schofel ist: Das entspricht vorerst einmal einem Bezug von 52.898 Schilling monatlich. Brutto. Und auch das „Ausgedinge“ ist gesichert, eine Pension von 80 Prozent des Letztbezuges garantiert, obwohl dafür die Beitragszeiten fehlen. Der Kontrast zur Entscheidung, im ASVG-Bereich die Anrechnung beitragsfreier Ersatzzeiten zu streichen, ist nur zeitlich zufällig.

Damit honoriert die Republik Bedeutung und Schaffen des Künstlers. Und Alfred Hrdlicka ist unumstritten als Bildhauer, Maler und Grafiker, einer der herausragenden Exponenten zeitgenössischer österreichischer wie europäischer Kunst, ein seit Jahren international umworbener und gefragter Lehrer noch dazu.

Umstritten ist Alfred Hrdlicka aus anderen Gründen, nicht zuletzt auch als kompromißloser Gegner und Verfolger von Bundespräsident Kurt Waldheim. Das macht die Berufung Hrdlickas ebenso interessant wie pikant.

Dabei ist auszuschließen, daß damit Waldheim eins ausgewischt werden sollte. Denn der Antrag im Ministerrat wurde von ÖVP-Wissenschaftsminister Hans Tuppy gestellt, eine Entscheidung, die SPÖ-Mann Heinz Fischer in der kleinkoalitionären Regierung zuvor nicht durchgebracht hat.

Ob nun Waldheim die Berufung Hrdlickas innerlich mit Widerwillen oder mit Befriedigung unterschreiben wird, ist sein Problem. Unterschreibt er, was jedenfalls angenommen werden darf, beginnen für Alfred Hrdlicka die Probleme erst: Denn nicht irgendwer, sondern nur Bundespräsident Kurt Waldheim kann ihn zum Hochschulprofessor in Österreich ernennen. So steht es in der Verfassung, daran führt kein Weg vorbei.

Was jetzt, Herr Professor? Die Vorstellung, daß die eine Hand das Dekret mit der Unterschrift jenes Mannes entgegennimmt, dem die andere, zur Faust geballt, ins Gesicht fährt, ist — um beim Bild des hölzernen Pferdes anzuknüpfen — zum Wiehern.

Und die Situation ist peinlich. Denn auf die Erklärung, zwar nicht Kurt Waldheim persönlich, wohl aber den gewählten Bundespräsidenten zu akzeptieren, kann Alfred Hrdlicka - ohne Gedächtnisschwund — nicht zurückgreifen.

Die Trennung des Amtes von der Person widert den Bildhauer nach eigenen Worten als „schizophrenes Polittrauerspiel“ an. Und die Feststellung (Karl Ble-chas), daß die Österreicher inzwischen Waldheim als Bundespräsidenten akzeptiert haben, stieß bei ihm erst kürzlich auf empörten Widerstand: „Einspruch, Euer Ehren! Ich nicht...“

Womit Alfred Hrdlicka sich selbst die Frage zu beantworten hat, wie grundsätzlich denn jetzt die beinhart vertretenen Grundsätze sind. Denn zweifellos heißt die Annahme der Ernennung mit der Signatur Waldheims, ihn als Bundespräsidenten zu akzeptieren. De jure und de facto.

Die Öffentlichkeit darf gespannt sein. Denn Hrdlicka zwingt niemand, „daß (er) 40 Jahre nach Kriegsschluß wieder so eine Gestalt fressen muß, nur weil das irgendwelche Gruppierungen für vorteilhaft halten“.

Was jetzt, Herr Professor?

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