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Weigels Memoiren

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Hans Weigels Memoiren heißen „In memoriam“, sind also altruistisch und gerade infolgedessen echte Memoiren; denn Weigel war seit der Rückkehr aus dem Exil so pausenlos für andere im Einsatz, daß man nicht recht weiß, wann er Zeit fand, für sich selbst etwas zu tun. Es trifft den Nagel auf den Kopf, in den er sich gesetzt hat, alle Welt zu fördern, wenn Lilly von Sauter meinte: „Jetzt hast du genug junge Autoren gefördert -jetzt mußt du den Autor Hans Weigel fördern.“

Mehr als das: Er förderte und fördert ja jung und alt, zum Beispiel Lilly von Sauter, die längst nicht mehr die jüngste war, oder Franz Nabl, der um 25 Jahre älter war als sein Förderer.

Manchmal war Weigels Entdeckerfreude größer als die Entdeckung. (Sicher weiß er das.) Der Schreiber dieser Zeilen steht daher seit 30 Jahren in einem durchaus kollegialen Widerspruch zu dem Klassifikationssystem, das oft den Anschein ergibt, als gäbe es in der Literaturprima nichts als Vorzugsschüler. Gegenposition: Jungsein allein ist nich abendfüllend.

Dieser Einwand trifft freilich für die hier gesammelten 24 Gedenkartikel für Verstorbene (fast) nicht zu. Hans Weigel macht sogar da und dort Einschränkungen -bei aller uneingeschränkten Freundschaft über den Tod hinaus. Übrigens sind es nicht ausschließlich Schriftsteller, denen sein ergreifend ergriffener Nachruf gilt, sondern auch andere Freunde, darunter sein literarischer Agent Stephan Reiner.

Es tut wohl, endlich von einem zu lesen, der sich - ganz berufsmäßig, aber mit Erfolg und dem sicheren Blick eines Profis - für Hans Weigel eingesetzt hat. Mit Ironie und Selbstironie tritt aus dem Buch der Unterschied zutage: Weigel kämpft leidenschaftlich für andere; Reiner vermittelt gezielt, mit kühl professioneller Routine.

Die Reihenfolge in dem prächtig subjektiven Buch ist alphabetisch. Sie beginnt mit Kurt Abso-lon und Ingeborg Bachmann, reicht über Celan, Doderer, Fritsch und andere bis zu Herbert Zand und macht deutlich, daß die oft mit weiten Reisen verbundenen Hilfeleistungen noch viel größer waren, als man geglaubt hätte. 24 Biographien, die zu Hans Weigels Autobiographie gehören.

IN MEMORIAM. Von Hans Weigel. Verlag Styria Graz/Wien/ Köln 1979, 179 Seiten, öS 178,-.

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