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Lieber Hans Weigel!

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Er begann im Kabarett, schrieb Romane, Essays, Betrachtungen und Chansons, übersetzte Moliėres sämtliche Werke, förderte junge Autoren: Hans Weigel wird fünfundsiebzig. Sein Verleger und einer seiner Kollegen versuchen, das Phänomen Hans Weigel in Worte zu fassen.

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Er begann im Kabarett, schrieb Romane, Essays, Betrachtungen und Chansons, übersetzte Moliėres sämtliche Werke, förderte junge Autoren: Hans Weigel wird fünfundsiebzig. Sein Verleger und einer seiner Kollegen versuchen, das Phänomen Hans Weigel in Worte zu fassen.

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Wie gut, daß es runde Geburtstage gibt, da kann man aussprechen, was im Alltag nicht so ohne weiteres zu Wort kommt. Vor mir liegt ein Stapel von insgesamt sieben Hans Weigel-Büchern. Man könnte sagen — für jedes Lebensjahrzehnt eines, das Sie dem Sty- ria-Verlag anvertraut haben.

Diese über 1.400 Seiten sind nicht allein bedrucktes Papier, sie sind ebenso viele Beweise des Vertrauens, das uns nun schon seit nahezu zwanzig Jahren miteinander verbindet. Nun, zu Ihrem 75. Geburtstag, wird ein achtes — ein doppelbändiges Werk folgen.

Der Verleger möchte gerne einmal öffentlich sagen, was er Ihnen seinerzeit, zum Siebziger, privat in einem Brief geschrieben hat. Es soll nicht eine Wiederholung sein — es sei nur einfach neuerlich bekräftigt.

Wer Sie kennt und wer den Verlag kennt, in dem die eben genannten sieben Bücher erschienen sind, weiß, daß Hans Weigel im Styria-Programm nicht von vornherein eine Selbstverständlichkeit ist. Von verschiedenen Richtungen sind wir aufeinander zugegangen, gefunden haben wir uns in dem, was sich durch Ihr ganzes Werk wie ein roter Faden hindurchzieht und in einem Al- manach unseres Verlages sich im Titel „Bemühen um Österreich“ kundtut.

Ich weiß auch nicht mehr, wann und wo es genau war, daß Sie an der Styria Feuer gefangen haben. Aber daß es so ist, das wissen wir. Schon vor vielen Jahren, es muß 1956 oder 1957 gewesen sein, versuchte ich Sie im Auftrag meines Vorgängers, Dr. Karl Maria Stepan, zu einem Referat, das unsere Mitarbeiter des Buchverlages und die zum Haus gehörigen Buchhändler literarisch, österreichisch aufrüsten sollte, zu gewinnen. In einem Wiener Kaffeehaus — wo sonst — gaben Sie mir damals Ihre Zusage für jene dann glücklich, amüsant und interessant verlaufene Tagung in Graz.

Jahre später, der Kontakt trocknete nie ganz ein, gelang es dann unserem Verlag, Hans Weigel für unser Haus fündig zu machen.

Viel wurde immer wieder über Bücher gesprochen, die es geben sollte, aber nicht gab und über Autoren, die man lesen sollte, aber nicht las. Bald galt auch für das Zusammenwirken von Hans Weigel und Styria das, was Hans Weigel über die Semmeringbahn geschrieben hat, nämlich, daß aus einem Mangel — da die Semmeringbahn in der Frühzeit des Bergbahnbaues geplant war — gerade durch die gewundene Trassenführung auf der Fahrt von Wien nach Graz sich der landschaftliche Reiz so verschwenderisch anbietet. Und damit ist Hans Weigel selbst zitiert.

Nun aber ist es an der Zeit, den Styria-Dank als Gabe auf den Geburtstagstisch zu legen.

Wir danken Ihnen als Autor für Köstliches, das Sie uns beschert haben. Wer Nachdenkliches aber auch Provozierendes köstlich anbietet, ist ein gerne gehörter Lehrmeister.

Wir danken Ihnen für Kostbares, das Sie aus dem reichen Fundus eigener österreichischer Vergangenheit in eine traditionsgestörte Zeit hineinsagen. Wer Kostbares bietet, ist ein Wissender.

Wir danken Ihnen für Bleibendes. Als Verleger wissen wir nur zu gut Bescheid über die Flüchtigkeit des Buchmarktes. Für die Reihe „Wiedergefunden“ im Haus Styria waren Sie der Ideenbringer und Ihre Idee zeugte Bleibendes.

„Nach einem dreißigjährigen Krieg um die Wiedergewinnung der Gegenwart ist’s nun höchste Zeit, die literarische Vergangenheit aus unverdienter Vergessenheit zu erlösen“, so haben Sie wörtlich für die Styria diese Reihe eröffnet. Wer Bleibendes bietet, ist ein Weiser.

Was Österreich durch Sie, lieber Hans Weigel, erfahren durfte, das soll noch lange bleiben.

In herzlicher Verbundenheit

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