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Wittgenstein-Bilanz 1986

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Die Idee, Wittgenstein in seinem Wohnort Kirchberg am Wechsel lebendig zu halten, bringt jedes Jahr schönere Blüten. Das 11. Internationale Wittgenstein-Symposion vom 4. bis 13. August über Neuere Entwicklung in der Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie wurde zu KurtiGö-dels 80. Geburtstag heuer mit „Digitale Intelligenz. Von der Philosophie zur Technik“ auf die Dauer von eineinhalb Wochen erweitert.

Uber 220 Referenten sammelten sich — zum Teil begegneten sie einander wie alte Bekannte - in dieser herrlichen Wechsellandschaft, um in Disziplin, Pünktlichkeit und Kürze von jenen Grenzen der Wissenschaft zu berichten, zu denen Wittgenstein-sches Gedankengut inzwischen vorgedrungen ist. In jeweils fünf Parallel-Sitzungen an den Nachmittagen mit 40-Minuten-Vorträ-gen und anschließender Diskussion (auf Englisch und Deutsch) wurden verschiedenste Akzente gesetzt. Es ging um frühe Erkenntnislehre, Komputer-Intelligenz, Wissensbegründung und Psychiatrie, Evolutionäre Erkenntnistheorie und Soziologie, Mathematik, Semantik, Glaubenssätze und Rationalität, Modelle wissenschaftlichen Fortschritts und erkenntnistheoretische Probleme physikalischer Theorien, um die Benennung des Wissens, Induktion und Wahrscheinlichkeiten.

Eine starke chinesische Delegation unterrichtete über die Aufnahme Wittgensteins in China, ein Holländer über den konnota-tiven Sinn von Metaphern; ein Tscheche aus Fribourg (Schweiz) wendete seine Analysen auf logische Stichproben aus der Ägyptologie an (mit dem Ergebnis, daß die Geisteswissenschaften zum Unterschied von den Naturwissenschaften mit bis zu acht logischen Ebenen arbeiten könnten, aber eher rationales Vorgehen als Diltheysches Verstehen nachweisbar ist).

Im Rahmenprogramm zeigte eine Ausstellung Hans Floreys den Hering-Ostwaldschen Doppelkegel der Pigmentfarben immer neu in seine 144 Raum- und Zeitgestalten zerlegt, er wurde aber auch mit Klangwerten und Zahlenmystik in Beziehung gesetzt.

Für manche Teilnehmer waren Gerhard Zellers Konzertabende die Höhepunkte, die mit Josef Matthias Hauers Zwölftonmusik und seinen Hölderlin-Vertonungen bekanntmachten.

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