Wider den Geist des Nationalismus
Der vorliegende Band kann als idealer Wegweiser zur Neuentdeckung Stefan Zweigs als europäischer Schriftsteiler empfohlen werden.
Der vorliegende Band kann als idealer Wegweiser zur Neuentdeckung Stefan Zweigs als europäischer Schriftsteiler empfohlen werden.
Einer, dessen Namen jeder kennt und dessen Werk nicht mehr viele lesen, das ist Stefan Zweig geworden. Als 1992 die Stadt Salzburg in einem seltsam schubhaften, aber gleich wieder verworfenen Versuch einer späten Wiedergutmachung an des Autors und seiner zweiten Ehefrau Latte 50. Todestag (die beiden hatten 1942 im brasilianischen Exil gemeinsam Selbstmord verübt) mit einem großen Symposium, dem (längst vergessenen) Projekt einer Stefan Zweig-Akademie, aber auch einer liebevoll gestalteten Ausstellung mit teilweise nie zuvor gezeigtem Bild- und Textmaterial zu Stefan Zweigs Leben beging, gab es auch einen Begleitprospekt, der nun, erweitert und in schönster Aufmachung, als Bildband erschienen ist.
Briefpassagen, Exzerpte aus dem literarischen Werk und zahlreiche Fotos intimster Art (so wird zum Beispiel das Polizeifoto abgedruckt, das bei der Entdeckung der Leichen des Ehepaares Zweig aufgenommen wurde) bilden eine berührende, stellenweise erschütternde Dokumentation eines ruhmreichen Lebens, das trotz aller Vorzüge und Erfolge dennoch in Schwäche und Schmerz unterging.
Zweig, der sich neben dem Schreiben seiner zahlreichen eigenen Bücher lebenslang für die europäische Moderne eingesetzt hatte, und für den unser Europa in einer damals noch nationalitätenzerrissenen Welt bereits eine Einheit darstellte, sollte gerade heute, wo die politische Fragmentarisierung erneut zur größten Bedrohung wird, neu entdeckt werden.
