Ist "Mehr Europa" die Antwort?

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Die Europawahlen werfen ihre Schatten voraus: Gruppierungen sammeln sich in Plattformen; die Parteienfamilien versuchen, Eintracht zu zeigen; Gerüchte über die künftige Verteilung von Posten machen die Runde; Einmischung von außen wird befürchtet.

Groß ist allenthalben die Furcht vor Rechtspopulisten (warum eigentlich nicht auch vor jenen von links?): In der Tat ist es besorgniserregend, wie nationaler Egoismus und Ressentiments gegen die Europäische Union geschürt werden und manche auf einen Zerfall der Union hinarbeiten. Aber: Ist die Antwort darauf wirklich "rasch ein Mehr an Europa"? Riskiert man nicht auch damit den Zerfall?

Warum erwecken führende Politiker Europas den Eindruck, dass sie die Sorgen von Menschen mit anderen legitimen Auffassungen und dem Wunsch nach Respektierung nationaler Wege mit unzulässigem Nationalismus gleichsetzen? Die EU ist kein Staat - auch wenn sich das manche wünschen -und hat daher auf Sonderwege im Rahmen des Primärrechts Rücksicht zu nehmen!

Dass alle Europäer dieselben Einstellungen zu zentralen Fragen - Sozial-und Finanzunion, Subsidiarität, Solidarität und Migration -haben, ist unwahrscheinlich; und dass Menschen in Staaten, die nach kommunistischer Herrschaft ihre Nationalstaatlichkeit erst vor knapp einer Generation wieder errungen haben, andere Präferenzen haben als in Staaten, die bereits seit Jahrzehnten Mitglied der Union sind und bisweilen den Eindruck erwecken, ihrer eigenen Staatlichkeit überdrüssig zu sein, darf nicht verwundern.

Vielleicht würde es dem grundsätzlichen Zusammenhalt der Union eher dienen, Unterschiede zu akzeptieren anstatt Andersdenkende zu diskreditieren, und auf Zögernde zuzugehen anstatt noch mehr an Geschwindigkeit einzufordern. Gut Ding braucht Weile!

Der Autor ist Professor für Arbeits-und Sozialrecht und Leiter des Instituts für Familienforschung

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