Ein Südtiroler Queraufsteiger

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Wer ist Paul Köllensperger? Das fragten sich am Sonntagabend viele, als die ersten Ergebnisse der Landtagswahl in Südtirol veröffentlicht wurden. Hinter der Südtiroler Volkspartei (SVP), die knapp vier Prozent einbüßte, kam der 48-jährige Unternehmer schon bei seinem ersten Antreten auf den zweiten Platz im Landesparlament. Köllensperger, einst in der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung engagiert, hatte seine eigene Liste erst vor wenigen Monaten gegründet. Mit den erreichten 15,2 Prozent kann Köllensperger sechs Abgeordnete in den Landtag entsenden und führt damit die deutschsprachige Opposition an. Sein Wahlerfolg ist nicht zuletzt auf eine politische Linie zurückzuführen, mit der kürzlich auch sein Nordtiroler Berufskollege Georg Willi erfolgreich war - und den Bürgermeistersessel in Innsbruck eroberte: Köllensperger positionierte sich als Kandidat der "bürgerlichen Mitte", mehr noch: Er vermied geflissentlich, sich politisch rechts oder links eines imaginären politischen Zentrums zu verorten. In weltanschaulichen Fragen liegt Köllensperger freilich nicht übermäßig weit von der SVP entfernt. Seine - obgleich eher unkonkrete - Erzählung der Erneuerung dürfte aber auch etliche Stammwähler der in Südtirol dominierenden Volkspartei überzeugt haben, die dort seit 70 Jahren ohne Unterbrechung regiert. Der Bozner versuchte im Wahlkampf aber nicht nur, sich von ideologischen Fronten zu distanzieren, sondern auch von politischer Parteibuchlogik. Folgerichtig setzte er neben Wirtschaft, Gesundheits-und Verkehrspolitik auch auf Kritik an Politikerprivilegien - und verzichtete auf polarisierende Themen wie einen Südtiroler Doppelpass oder Flüchtlinge und Migration. Zu den großen Verlierern des Köllensperger-Erfolges gehörten die rechtspopulistischen Freiheitlichen, ihrerseits Südtiroler "Schwesternpartei" der FPÖ - und mit der Fünf-Sterne-Bewegung auch Köllenspergers einstige politische Heimat, für die er seit 2013 bereits in Südtirols Landtag saß. Ein Markenzeichen des Listengründers ist seine betont sachliche Art. Mit konstruktiv ausgerichteter Oppositionspolitik erarbeitete er sich Anerkennung über Parteigrenzen hinweg. Nicht erfüllen dürfte sich indes sein Wahlslogan #mitregieren. Unter den sechs gewählten Kandidaten des Team Köllensperger ist nämlich kein italienischsprachiger - aufgrund des ethnischen Proporzsystems in Südtirol ein Hindernis für die SVP, mit der neuen Liste über eine Koalition zu verhandeln.

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