Israel: Der Ultranationalist als Wahlsieger

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Israel hat gewählt: Platz eins errang Zipi Livni mit der zentristischen Kadima-Partei. Dicht hinter ihr die Likud-Partei von Expremier Benjamin Netanyahu. Doch der eigentliche Sieger scheint Avigdor Lieberman auf Platz drei zu sein. Denn beide, Netanyahu und Livni, wollen den Ultranationalisten Avigdor Lieberman als Koalitionspartner für eine Mehrheit im Parlament gewinnen. Mit Sorge reagierte die arabische Welt auf das Wahlergebnis. Die syrische Tageszeitung Al Thaura schrieb: "Die Israelis haben Krieg und Extremismus gewählt." Der große Zuspruch für Lieberman verspricht tatsächlich Unheil. Der Schriftsteller und Friedensaktivist Uri Averny charakterisierte - noch vor der Wahl - den Rechtspopulisten so: (red)

Lieberman gründete eine Partei auf nichts als Rassismus. Seine Wahlkampagne dreht sich um die Forderung, "nicht-loyalen" Bürgern die israelische Staatsbürgerschaft zu entziehen. Damit meint er die Araber, also 20 Prozent der Bürger Israels.

An jedem anderen Ort würde solch ein Programm faschistisch genannt, ohne Anführungszeichen. Es gibt in der gesamten westlichen Welt keine größere Partei, die es wagen würde, solch eine Forderung aufzustellen. Die Neo-Faschisten in der Schweiz und in Holland wollen Fremde hinauswerfen, nicht Staatsbürgern die Staatsbürgerschaft nehmen.

Der Kern dieser Partei besteht aus Einwanderern der ehemaligen Sowjetunion. Viele von ihnen brachten eine gehörige Portion Verachtung für die Demokratie mit, die Sehnsucht nach einem starken Führer (von der Sorte Stalin oder Putin), Rassismus gegenüber Dunkelhäutigen und eine Neigung zu grausamen Kriegen, Beispiel Tschetschenien. Jetzt haben sich im Land geborene, junge Leute dazugesellt, die durch den Krieg radikalisiert wurden.

Avigdor Liebermann vs. Jörg Haider

Als Jörg Haider ins österreichische Kabinett genommen wurde, zog Israel aus Protest seinen Botschafter aus Wien zurück. Im Vergleich zu Lieberman war Haider allerdings noch liberal, ebenso Jean-Marie Le Pen. Netanyahu hat nun verkündet, Lieberman würde ein "wichtiger Minister" in seiner Regierung, Livni deutete Ähnliches an und auch Barak schloss solch eine Möglichkeit nicht aus.

Es gibt optimistische Stimmen, die sagen, Lieberman sei nur eine vorübergehende Kuriosität. In jedem israelischen Wahlkampf taucht aus einer momentanen Laune eine Modepartei auf, erreicht beachtliche Ergebnisse und verschwindet dann, als wär' sie nie gewesen. So eine Partei war 1977 Dash, die auf der Welle "Systemänderung" ritt. Sie gewann 12,5 Prozent, fiel auseinander und war bis zur nächsten Wahl verschwunden. Ebenso "Zomet" von Rafael Eitan, die auf einer Welle von Reinheit ohne Korruption ritt. Eine weitere Partei war "Shinui" (Veränderung), die auf der Welle des Hasses gegen Religiöse daherkam, um dann spurlos zu verschwinden. Bei den letzten Wahlen war es die Rentnerliste, für die zigtausende von jungen Leuten spaßeshalber stimmten. Diesmal ist Lieberman die Modepartei, die auf der Welle der primitiven Instinkte der Massen schwimmt, die im Gaza-Krieg hervorbrachen.

Es gibt auch pessimistischere Stimmen, die sagen, der Faschismus sei in Israel zur Dauer-Erscheinung geworden. Die drei großen Parteien legitimieren ihn. Dieser Erscheinung muss Einhalt geboten werden, bevor es zu spät ist.

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