Trotz allem auf dem richtigen Weg

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Am vergangenen Wochenende führte ich ein langes Telefongespräch mit einem irakischen Freund. Nach einem ausführlichen, von Herzen kommenden Lamento über den schrecklichen Zustand Europas nach dem gescheiterten eu-Gipfel in Brüssel fiel mir plötzlich schamerfüllt ein, wen ich da anjammerte: den Bürger eines Landes, das an allen Ecken und Enden brennt und in dem ein Scheitern der für die nächsten Monate anstehenden Verfassungsgebung noch immer in einen Bürgerkrieg münden kann.

Ich entschuldigte mich: "Was musst du von mir denken, das ist ja so, als ob ich bei einem Schwerkranken stundenlang über meinen Schnupfen klagen würde." Nun passiert es bei weitem nicht immer, aber doch manchmal, dass Menschen durch eigene Sorgen für diejenigen anderer noch sensibler werden. Der Freund begann mich also zu trösten, sowohl über die Schwierigkeiten der eu, die er als Krankheiten eines schnell wachsenden Pubertären bezeichnete, als auch über meine eigene eu-zentrierte Aufregung, die er den Leidensdruck nannte, den wir Europäer wohl wieder bräuchten, um etwas weiterzubringen.

Was mich außerdem freute: Sein Konzept für den Nahen/ Mittleren Osten lehnte sich stark an das seinerzeitige kszeModell für Osteuropa an - einbinden statt dämonisieren. Er vertraut also eher den europäischen Demokratisierungskonzepten als den us-amerikanischen, wobei wir beide konzedierten, dass die Europäer in den neunziger Jahren den Katastrophen am Balkan beschämend hilflos gegenüberstanden. Einiges Für und Wider also, das Denken an größere Zusammenhänge und Zeiträume - aber unter dem Strich für mich vor allem die Hoffnung, dass wir uns trotz allem auf dem richtigen Weg befinden in unserer kleinen großen Europäischen Union.

Die Autorin ist Außenpolitik-Ressortleiterin des "Standard".

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