Das Wort Passion buchstabieren

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Es sagen und davon Nachricht geben, was geschieht und was die Bilder einzufangen nicht mehr vermögen. Zu viele der Schrecken, zu groß die Ungeheuerlichkeiten, zu überraschend und sehr nah die lauernde Drohung -nicht nur für Empfindsame Es sagen, selbst mit verkürzter Sprache, nur nicht verstummen vor der Macht der Vernichtung und ihrer Maschinerien. Es fassen in ein Wort, das hier helfen kann, vielleicht: PASSION.

"Ich komme nicht zu Existenz", schreibt der Schweizer Schriftsteller Christian Uetz. Aber ihm hilft ein Wort: Passion. Es "ist das Wort, welches das Wort Krankheit und Verstörtheit und Lächerlichkeit und Peinlichkeit und Obsession erlöst in das Wort Passion."

Sprachtherapie, das wünsche ich mir von meiner Kirche, dass sie dies leistet in der Unaufgelöstheit der Welträtsel, eine Erlösung in das Wort hinein, das die Not beherbergt und sie verwandelt. Und eine genaue Wahrnehmung, denn in Not sind ja auch diejenigen, die sich radikalisiert haben unter den Diktaten einer Gesellschaft und ihrer sonderbaren Grammatik der Zugehörigkeiten. Es ist ein Leiden vor dem Leiden geschehen Wenn einer lang genug nicht zu seiner Existenz gekommen ist, weil ihm das verwehrt worden ist, dann beginnen sich die Mechanismen der Gegenwehr zu entwickeln. Ihrem Wachstum sind bald keine Grenzen gesetzt. Unumkehrbar die Bekehrungen zum Hass, wie es scheint.

Hier hilft alleine und nur die Liebe, wie sie der Welt begegnen kann in einem Menschen, der das Leiden auf sich nimmt, der zur Wunde dieser Erde wird. "Ich glaube an die Durchschmerzung der Welt", hat die jüdische Dichterin Nelly Sachs gesagt. Das Wort Passion buchstabiert diesen Glauben für den Schmerz dieser Erde und darin die Hoffnung, dass das Leiden der Welt endet und am Ende in einen anderen Anfang von Leben verwandelt wird.

Die Autorin ist Pfarrerin an der Lutherischen Stadtkirche in Wien

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