Auf dem Weg in die Technische Universität, darin eine Bachelor-Feier zu begehen ist, komme ich an einer Litfaßsäule vorüber. Mein Blick wird verhaftet mit ein paar Worten auf einem weißen Plakat: „entschieden wird oben – SO IST DAS IM KRIEG – gestorben wird unten“. Der mittig gesetzte Text der Künstlerin Maria Hanl trifft mich mitten in mein Schmerzherz; es weiß so Brecht-sicher, wovon das beherrschende Gesetz der Kriege ausgeht, „dass nur mit Gewalt diese tötende Welt zu ändern“ sei. Wohin will diese Negativspirale sich denn noch drehen? Wir erfinden immer neue Kriege.
Ist Advent jetzt wirklich dran? Ist das eigentlich erlaubt? Mit den Keksen, dem Kalender und dem Kranz? Geht's noch? Und wenn ich es mir schon erlaube, macht es dann Sinn? Ja und noch einmal ja! Das sollen wir tun in allen Kirchen und auf allen Plätzen. So feiern, wie wir das jetzt machen, säkular aufgemischt und mit allen Versuchen, das Geschäft des Jahres zu ergattern. Das tut nichts zur Sache, solange ich darunter dem vertraue, was an mir geschieht. Es geht - auch ohne mich - um "die Sache mit Gott"(Heinz Zahrnt).Gott kommt und nicht ich. Ich aber bin aufgerufen vom Rufer in der
"Das Wort sie sollen lassen stahn". So singt Luther im Glauben an Gott, seiner festen Burg, die ihm geholfen hat, seine Ängste, den Teufel und die Existenzschnitte auszuhalten, selbst sein persönliches Versagen, das, was offen blieb und bleibt an seinem theologisch umwerfenden Entwurf von der Rechtfertigung des Menschen, der in Gott sein wahres Sein und Werden findet. "Der Gerechte soll aus Glauben leben. Hier spürte ich, dass ich völlig neu geboren sei und dass ich durch die geöffneten Pforten in das Paradies selbst eingetreten sei", jubelt er über seine Freiheit. Er weiß damals
"Denken soll Vergegenwärtigen sein!" Es ist sein elftes Gebot, sagt Handke. Ein Like von mir. Denn jetzt ist Raum vonnöten. Ohne einen Denkraum geht uns der Atem aus. Der Atem der Geschichte sowieso und die Luft, um sich die Gegenworte für heute zu holen aus allen Religionen, aus jedweder Bindung: Worte gegen den Hass, das Vernichtende.Weil wir jetzt, in einer Zeit, in der alles falsch ist - nein, ein Konjunktiv geht hier wirklich nicht - einzig und allein hermeneutisch wohlwollend sein und sprechen und schweigen und lieben und helfen können. Von "rettenden Übersetzungen" hatte der
Langsam geht ein Sommer heraus aus den Tagen und geht in andere Länder mit der schönen Sonne und den Vögeln und der Glut. Wir aber bleiben hier mit den News, den Twitterpostings und den Mails und dem Neubeginn im September, als beginne das Annus Domini. Das Arbeitsjahr aber hat einen eigenen Herrn: es ist das Geld und seine Macht. Die Gierigen glauben, es wäre recht so, immer noch gierig zu sein. Die Menschenraupe Nimmersatt spürt nichts von ihrer spiegelverkehrten Versklavung. Sie dient gefallsüchtig diesem Herrn der Geschichte mit Gewalt und mit Sozial-Mobbing. Am Ende führen sie
Pfingsten, Gott sei Dank nun dieses Fest inmitten der Sinnblockade. "Schmückt das Fest mit Maien, lasset Blumen streuen", singt ein altes Kirchenlied gegen die Gewalt und die totale Verhältnislosigkeit, in die wir Menschen alles Leben stürzen, wir der Vernichtungen jeder Art imstande. Zuden Angsttürmen, die eine menschenverachtende Politik aufbaut mit ihren Babelworten und mit gesprochenen und geschliffenen, bereit stehenden Waffen, sagt dieses Fest: Glaube dich frei, ein Flammentanz über deinem Denken und deinem Glauben sagt dich neu. Dies ist das Kommunikationswunder, das dich ruft in
"Dass Du mich ansiehst / besonders die wunden Stellen mit Liebe", darum bittet die Schriftstellerin Carola Moosbach. In wenigen Worten sagt sich ein Schmerz, er sagt sich nicht umsonst. Wenn eine so bittet, dann ist die Grenze schon überschritten, Unkenntlichkeit erkennbar gemacht, eine Einsamkeit genommen und ein anderer Mensch endlich nicht mehr allein mit sich und seiner Trostlosigkeit. Die Zartheit einer Fürbitte gegen eine Scharfmacherpolitik, die aus Flüchtlingen Verbrecher macht.Schöne wenige Worte der Journalistin Dunja Hayali kann man dazulegen, mit ihrem Fürbitten-Wert nämlich
"Die Wörter haben Zugvogelherzen, wie die Obduktion ergibt", diese Zeile der Dichterin Pia Tafdrup, erzählt von so viel Schmerz in einer Zeit, die das pure Menschsein in ein Grundgefühl von Verdächtigungen gezogen hat. Jeder ist verdächtig: Du könntest mein Angreifer sein. Es schreibt sich glatter maskulin als gendergerecht. Und es passt gut zu Köln und allen Befürchtungen, ausgesprochen oder nicht, nur gefühlt - "Jetzt hört man überall", sagt Eugen Drewermann, "Gewalt sei nur mit Gewalt zu bekämpfen. So ist es unmöglich, aus der Blutmühle heraus zu kommen." Hat unser Handeln
Die gegenwärtige christliche Theologie befindet sich in einem gemeinsamen Advent. Sie -ich glaube, hier darf ich alle Konfessionen zu einer Stimme sammeln - ist erwacht zur Advent-Frage: "Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt?" Uns gehen hierzulande die Antworten aus, doch mal ehrlich. Die politischen Erklärungsmodelle und ebenso die der Kirchen haben in vielen Fällen versagt. Was uns erschreckt, klagt uns auch an. In dem Eingeständnis des Versagens selbst indes liegt ein eigenster Trost verborgen. Als einen Schatz gehoben, verwandelt er die Fragwürdigkeit des Unternehmens, Theologie zu
Ich glaube, das Geheimnis, das Gott ist, bleibt immer bei sich. Und bleibt es in jeglicher Form. Das ist mir Trost über allen Versuchen und allem Versagen von Religion, auch der meinen, deren Gestaltungen das eine oder andere Unbehagen wecken mag in der Nähe seiner großen 500-Jahr-Feier anlässlich der Erinnerung der Reformation. Mitten in dieses mögliche Unbehagen, was die Entwicklung des Protestantismus betrifft, hat einer eine leise laute Stimme erhoben. Der Schriftsteller und Islamgelehrte Navid Kermani meint, dass die protestantische Annäherung an den Menschen, ihn nämlich dort
Auch das Gute geschieht und das Wahre und das Schöne und der Sinn. Inmitten der Angst und der Not dieser Tage entstehen Augenblicke aus Menschenwundern, die so klein sind, dass sie den Wert der Unendlichkeit in sich zu tragen vermögen. Unscheinbarkeit eignet diesem Absoluten und Selbstvergessenheit. Fluchtbilder habe ich nämlich gesehen, die mich glauben machen in einer Weise, die dieser Wirklichkeit standhält.Weil es auch Bilder von der Schönheit des Menschen und seiner Begabung in Sachen Gnade gibt. Weil es diese Entwürfe von Zugeneigtheit und Liebe auch gibt, erkenne ich ein Neues im
"So ist die Freiheit mir in Allem das Ursprüngliche, und wie das Erste so das Innerste." Diesen Gedanken hat der evangelische Theologe Friedrich Schleiermacher über die Religion geäußert. Die Freiheit sei ihr Anfang. Sie schickt die Blicke aus und macht die Sehnsucht groß und sie schenkt Lieder. Sie weiß, dass niemand sich selbst gehört und sie sehnt sich immer nach dem ganz Anderen. Darum ist Aufbruch in ihr und der Wunsch, das Wunder zu glauben und also Grenzen zu überschreiten, zu fahren über die Meere...Horkheimer, der gesagt hat, dass Sehnsucht "zum wirklich denkenden Menschen
Es sagen und davon Nachricht geben, was geschieht und was die Bilder einzufangen nicht mehr vermögen. Zu viele der Schrecken, zu groß die Ungeheuerlichkeiten, zu überraschend und sehr nah die lauernde Drohung -nicht nur für Empfindsame Es sagen, selbst mit verkürzter Sprache, nur nicht verstummen vor der Macht der Vernichtung und ihrer Maschinerien. Es fassen in ein Wort, das hier helfen kann, vielleicht: PASSION."Ich komme nicht zu Existenz", schreibt der Schweizer Schriftsteller Christian Uetz. Aber ihm hilft ein Wort: Passion. Es "ist das Wort, welches das Wort Krankheit und
Die Gesichter der Ängste sind schon ein wirbelnder Januskopf. So sehr beschleunigt sich die Angst, dass sie zu benennen, so kompliziert geworden ist wie die Welt. Täglich kommt eine neue Angst in viele Leben. Die Angst vor dem Fremden und die vor Ansteckung und eine vor Krankheit und eine vor Krieg und eine vor Terror und eine vor Einsamkeit und eine Angst vor Armut und eine vor dem Alter. Ein gutes Geschäft ist mit ihr zu machen. Viele arbeiten daran, Menschen in eine Grundstimmung von Angst zu versetzen und sie darin zu halten. So hat man auch wunderbare Gefangene, mit denen sich Profit
"Tief aber und radikal ist immer nur das Gute“, hat Hannah Ahrendt, die jüdische Philosophin gesagt. Ein Merksatz, der trösten kann, denn er trägt die Wucht des abgrundtief Bösen in sich. Ein Gegensatz für den einen Ich-bin-Satz, der alle anderen nach sich zieht: "Je suis Charlie“ - "Ich bin Charlie“. Symbol für eine Vernichtung ohne jeden Sinn. Terrorangst geht um in Europa, in der Welt. Und eine andere Angst vor Stigmatisierung.Ich glaube, wir brauchen jetzt einen Satz, der außerhalb von allen Religionen steht, nicht über dem jeweiligen Glauben, sondern mitten unter den
Das wird noch kommen, zittern wirst Du vor heiterstem Glück, weil dein innerstes Auge es gesehen hat, als es Nacht war … - Eine Meditation über das Licht.Das wird noch kommen, zittern wirst Du vor heiterstem Glück, weil Dein innerstes Auge es gesehen hat, als es Nacht war und die Alpträume sich vorbereiten wollten, als sei da kein Ahnen gewesen und nie ein Advent.So bereiteten sie - der Gewohnheit nach - das alte Schattenbild der Welt, das ihre Wirklichkeit ist. Und es kam ein Aber über sie, das war nicht aus der Welt, das war endlich nicht von hier, wie es doch aus ihr geboren wurde -