Rettende Übersetzungen tun not

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"Denken soll Vergegenwärtigen sein!" Es ist sein elftes Gebot, sagt Handke. Ein Like von mir. Denn jetzt ist Raum vonnöten. Ohne einen Denkraum geht uns der Atem aus. Der Atem der Geschichte sowieso und die Luft, um sich die Gegenworte für heute zu holen aus allen Religionen, aus jedweder Bindung: Worte gegen den Hass, das Vernichtende.

Weil wir jetzt, in einer Zeit, in der alles falsch ist - nein, ein Konjunktiv geht hier wirklich nicht - einzig und allein hermeneutisch wohlwollend sein und sprechen und schweigen und lieben und helfen können. Von "rettenden Übersetzungen" hatte der Philosoph Habermas gesprochen in Bezug auf den Koran. Rettend müssen wir nun uns selbst übersetzen aus allen Richtungen und in alle Daseinszüge hinein. Nichts einfach so gelten lassen, das aufgehetzte Feindbild nicht und auch nicht die populistische Parole.

Bevor blinder Glaube böse einspinnt und Gewalt gewinnt, gehöre ich gerne dem elften Gebot des Dichters mitsamt dem höchsten Gebot von der Liebe. Eines und ein Anderes werden so wieder richtig. Und ich und du. Also gehe ich hinein in eine innere Kirche des Vertrauens gegen die Angst. Weil es dieses erste - nie wieder zurück zu nehmende -ALSO gibt.

Es ist mein Axiom vom Sinn: Also hat Gott die Welt geliebt, ist mein Schutzwort, auch vor mir selbst. Weil ich mich sagen darf in jenem Denkraum, da das Verlorene wieder erstehen kann und eine neue Gegenwart von dem, was einer Religion am Herzen liegt. Gott hat neue Gedanken! Das hat auch Christa Peikert-Flaspöhler gewusst: "Ich glaube an den Heiligen Geist, die Schöpferin der Liebe. Ich glaube, dass du unsere offenen Herzen erwartest, damit die Erde bewohnbar bleibt. Ich glaube an die Gemeinschaft aller, die dich unter vielen Namen suchen, denn du bist die göttliche Fülle, du willst und heilen und sammeln."

Die Autorin ist Pfarrerin an der Lutherischen Stadtkirche in Wien

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