Pinzgauer Heiligenblut-Wallfahrt: Pilgern und Beten gegen Wolfsgefahr
In Pandemie- und Wolfszeiten werden die ursprünglichen Motive jahrhundertealter Wallfahrten wieder nachvollziehbar.
In Pandemie- und Wolfszeiten werden die ursprünglichen Motive jahrhundertealter Wallfahrten wieder nachvollziehbar.
Den Ratschlag „Wenn nichts mehr geht, dann geh“ haben Menschen immer schon beherzigt, wie die vielen Wallfahrtsorte und Wege dorthin beweisen. Ein aufgrund seiner alpinen Lage schwer zu erreichendes und darum umso begehrteres Ziel von Wallfahrten war Heiligenblut im Mölltal. Seit über 475 Jahren ziehen jedes Jahr am 28. Juni, dem Vortag des Festes Peter und Paul, Wallfahrerinnen und Wallfahrer aus dem Pinzgau auf beschwerlichen und (früher) gefährlichen Wegen über den Tauern nach Heiligenblut.
Kirchenrechnungen für Wallfahrtskerzen bestätigen das Alter der Wallfahrt. Der Anlass für das Gelöbnis ist aber mit Unsicherheiten behaftet. War es der Dank, von der Pest verschont geblieben zu sein? Gerade in Pandemiezeiten ist dieses Gelübde nachvollziehbar.
Angesichts der vehementen Wolfsdebatten in Österreich erhält aber auch der zweite und wahrscheinlichere Anlass für diese Wallfahrt neue Aktualität: „Als die Wölfe und Luchse in unserer Gegend überhandnahmen und ihre Blutgier an den harmlosen Haustieren befriedigten, gelobten die Bauern in ihrer Hilflosigkeit eine jährliche Wallfahrt zum heiligen Blut jenseits der Tauern“, heißt es im Standardwerk zur Pinzgauer Geschichte von Kanonikus Josef Lahnsteiner, der auch 50 Jahre nach seinem Tod noch als Instanz der Heimatforschung gilt.
Neben der Wallfahrt gelobten die betroffenen Gemeinden am Allerseelentag eine Brotspende an die Armen. Auch in Frankreich gab es Wallfahrten zum Herdenschutz, und St. Hervé wurde ein Butteropfer gegen die Wolfsgefahr dargebracht. Und in Tirol vertrieben die Hirten einst den Wolf, „indem sie das Johannesevangelium abbeten“ – eine Idee, mit der man heute bestenfalls als „Wolfskuschler“ ausgelacht würde.