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Warten auf Kreditgesetz

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„Im Gleichschritt mit der expandierenden Wirtschaft in die siebziger Jahre wollen die österreichischen Volksbanken marschieren“ erklärte Präsident Kommerzialrat Scherrer vom Dachverband der österreichischen Volksbanken anläßlich einer Pressekonferenz im Wiener Hotel Bristol. Das Jahr 1969 war für die 163 Volksbanken mit ihren zahlreichen Filialen, also für mehr als 200 Institute der gewerblichen Kreditgenossenschaft, ein Jahr überdurchschnittlicher Geschäftserfolge. Das Volksbankenjahr 1969 ist gekennzeichnet durch überdurchschnittliche Bestandszunahmen, die im besonderen Maße, so meinte Scherrer, auf die Struktur der Volksbanken zurückzuführen sind. Die breite Verankerung der Volksbanken in der Bevölkerung bewirkte, daß die Spareinlagen — seit eh und je das Rückgrat der Fremdmittelaufbringung der Volksbanken — eine Rekordzuwachsrate von rund 1,4 Milliarden Schilling, demnach von 17,5 Prozent aufweisen. Diese Steigerung liegt nicht nur erheblich über dem Bundesdurchschnitt, sie bedeutet auch gegenüber dem Vorjahr eine Erhöhung des Zuwachses um rund 48 Prozent. Da auch die Sicht- und Termineinlagen gegenüber dem Vorjahr im verstärkten Ausmaße (9,8 Prozent) angestiegen sind, ergibt sich für das Jahr 1969 bei den Volksbanken ein Zuwachs der Gesamteinlagen um rund 1,65 Milliarden Schilling (15,7 Prozent, um 45 Prozent mehr als die Vorjahresrate). Die Gesamteinlagen der Volksbankengruppe überschrit-

ten somit die 12-Milliarden-Schil-ling-Grenze. Es zeigt sich, daß die steigenden Masseneinkommen im zunehmenden Maße nicht nur für den Konsum, sondern auch zu Anlagezwecken verwendet werden. Als wesentlich darf hervorgehoben werden, daß die Einlagenaufkommen nahezu zur Gänze von Wirtschaftsunternehmen und Privaten aufgebracht werden, während die institutionellen Einleger nur mit einem äußerst geringfügigen Anteil zum Einlageaufkommen beitragen. Dem Trend zur höheren Einlagenverzinsung entsprechend, hat sich nicht nur der Anteil der längerfristig gebundenen Spareinlagen erhöht, auch bei den Termineinlagen ist ein überdurchschnittlicher Zuwachs festzustellen.

Starke Kreditausweitung

Die langsam ansteigende und vorsichtige Kreditinanspruchnahme führte, zusammen mit dem starken Einlagenzuwachs, zu entsprechenden Reserven der Volksbankengruppe.

Ausbau des Zweigstellennetzes

Die Volksbanken verfügen zu Beginn des Jahres 1970 über 163 Hauptanstalten und 125 Zweigstellen. Zur weiteren Verbesserung der Kundenbetreuung ergibt sich für die Volksbanken die Notwendigkeit, ihr bisher noch unzureichendes Zweigstellennetz zu komplettieren. Die Volksbankengruppe hat daher die liberale Grundhaltung bei der Bedarfsprüfung zur Errichtung neuer Haupt-und Zweigstellen von Kreditinstituten, wie sie auch im bisher vorlie-

genden Entwurf für ein neues Kre ditwesengesetz verankert ist, be grüßt und aktiv mit den anderen Kreditinstitutsgruppen an der Erstellung eines Zweigstellenprogramms 1970/71, das sich nach Ablauf des Stillhalteabkommens Ende 1969 als notwendig erwiesen hat, mitgearbeitet Sie hat sich aber auch nicht dem Appell zur Beschränkung ihrer Zweigstellen wünsche auf das notwendigste Ausmaß verschlossen.

Kooperation an Stelle von Konzentration

Für die siebziger Jahre stellt sich den gewerblichen Kreditgenossenschaften die Aufgabe, ihre künden nahe und ortsgebundene Struktur im Sinne der ihnen aufgetragenen För derungsaufgaben beizubehalten. Die Volksbanken werden sich daher nicht Zentralisierungsbewegungen anschließen, wie sie derzeit stark im Gespräch und zum Teil auch wirtschaftlich notwendig sind. Die Beibehaltung der räumlich und sachlich überblickbaren Gemeinschaft des einzelnen Institutes wird jedoch durch eine zunehmende Stärkung des genossenschaftlichen Überbaues ergänzt werden müssen, um den Notwendigkeiten eines modernen Bankbetriebes und einer auf Rationalisierung und Technisierung ausgerichteten Wirtschaft zu entsprechen.

Anliegen der Volksbanken

Die Realisierung der wichtigen Aufgaben, die sich den Volksbanken im Zusammenhang mit der Förderung der ihnen anvertrauten Wirtschaftsbetriebe und der Vermögensbildung

auf breiter Basis ergeben, hat zur unbedingten Voraussetzung, daß auch den gewerblichen Kreditgenossenschaften sämtliche in der Kreditwirtschaft vorhandenen und bei anderen Kreditinstitutsgruppen bereits geübten Möglichkeiten der bankgeschäftlichen Betätigung gegeben werden. Es ist ein besonderes Anliegen der Volksbanken, die auf einzelnen Plätzen in sehr starkem Maße auch die bäuerliche Kundschaft betreuen, in die Möglichkeiten der Agrarinvestitionsflnanzierung, wie sie durch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft gegeben werden, einbezogen zu werden.

Die Arbeit der Volksbanken wird in den kommenden Jahren aber auch sehr davon abhängen, ob das von der

Kreditwirtschaft schon lange gewünschte neue Kreditwesengesetz die notwendigen Klarstellungen und Bereinigungen der Rechtssituation bringt, die den Geldinstituten ein ungehindertes Wirken ermöglichen. Wenn man bei den Volksbanken derzeit zwar noch nicht erfährt, wer der Partner bei ihrer künftigen Aktivität auf dem Investmentsektor sein wird (Generaldirektor Manhardt: „Wir werden uns auch auf diesem Sektor aktiver betätigen, müssen aber aus konkurrenzpolitischen Gründen während der Verhandlungen noch Stillschweigen bewahren“), so deutet man doch an, daß auch auf diesem Sektor die Volksbanken außerhalb der Vermittlung ausländischer Fonds ins Geschäft kommen wollen.

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