"Auf die Wurzeln besinnen"

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Dass eine Bank einen genossenschaftlichen Hintergrund hat, ist heute durchaus noch zeitgemäß, sagt Franz Pinkl, Generaldirektor der Österreichischen Volksbanken AG.

Inwieweit ist die Volksbanken AG noch eine Genossenschaft?

Franz Pinkl: Die Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG) erledigt für die lokalen Volksbanken - die ja unsere Eigentümer sind - jene Tätigkeiten, die für die einzelnen Banken nicht möglich oder nicht sinnvoll sind. Wir bündeln beispielsweise den gesamten Zahlungsverkehr. 58 Prozent unseres gesamten Aktienkapitals ist in den Händen der rund 60 selbstständigen Volksbanken. Aus diesem Verbund leitet sich unsere genossenschaftliche Ausrichtung ab. Die Volksbanken sind nicht nur unsere Aktionäre, denen wir eine Dividende bezahlen und eine Wertsteigerung ihrer Anteile beschaffen, sondern wir stehen in einer intensiven Leistungsbeziehung mit ihnen. Darum haben wir ein Interesse an einer starken Aktionärsstruktur, und die Aktionäre haben wiederum Interesse an einer gesunden Volksbanken AG.

Ist es noch zeitgemäß, sich im Finanzsektor als Genossenschaft zu organisieren?

Pinkl: Es ist durchaus heute noch legitim, sich als Genossenschaft zu organisieren. In unserem Fall bedeutet das eine Besinnung auf die Werte und Wurzeln des Unternehmens. Wir haben diesen genossenschaftlichen/partnerschaftlichen Umgang mit unseren Aktionären, und das ist ein sehr hoher Wert. Ein genossenschaftlicher Verbundgedanke und ein guter Unternehmenswert schließen einander nicht aus. Auch unsere Aktionäre wollen eine Wertsteigerung ihrer Anteile sehen. Das Hauptunterscheidungsmerkmal ist, dass wir keine AG sind, die einen kurzfristigen Kurserfolg braucht, um Erfolg zu demonstrieren. Wir haben die nachhaltige Entwicklung im Auge.

Wie wichtig ist das Ostgeschäft für die Volksbank?

Pinkl: Da muss ich einen Blick zurückwerfen: Wir haben vor zwölf Jahren einen visionären und mutigen Schritt gesetzt, als wir die erste Auslandsniederlassung gründeten. Wir haben einen Weg beschritten, ohne den wir uns die Welt heute nicht mehr vorstellen könnten. Jene, die versucht haben, anders als auf der Ertragsseite Geld zu machen, sind gescheitert. Stichwort: Bawag. Die sind nicht in den Osten gegangen.

Der Osten bleibt also ein Thema für die Volksbank?

Pinkl: Die Grundlinie ist klar: Wir sind bisher organisch gewachsen (Unternehmenserweiterung aus eigener Kraft; Anm.), und das wollen wir beibehalten. Natürlich beobachten wir auch den Markt, ob sich ein geeignetes Objekt zum Kauf findet, aber derzeit ist nichts in der Pipeline. Im Bereich Immobilien wird die Ukraine ein Thema werden. Mittlerweile sind wir in acht Ländern mit eigenen Banken vertreten.

Welche Herausforderungen kommen auf die Volksbank-Gruppe in Zukunft zu?

Pinkl: Zum einen werden die Großbanken in der Gesetzgebung tendenziell bevorzugt. Die Gesetze werden heute nicht für einen dezentralen Bankensektor gemacht, sondern orientieren sich rein an zentralen Organisationen. Das heißt, wir müssen bestimmte Verordnungen den Aufsichtsrat betreffend in jeder einzelnen Volksbank abbilden und werden zu wenig als Ganzes wahrgenommen. Zum anderen kommen Herausforderungen auf uns zu, die sich von den neuen Basel-II-Richtlinien (Eigenkapitalvorschriften, die in der EU ab 1. Jänner 2008 offiziell in Kraft treten; Anm.) ableiten. Wir müssen mit den anderen Banken Schritt halten, daher sind wir gegen eine Ausuferung der Bürokratie, die keinen Nutzen bringt. Dass es eine Bankenaufsicht geben muss, die funktioniert, das bestreitet keiner. Aber eine Anlassgesetzgebung führt zu weit. Die Bankenaufsicht wurde unlängst um 47 Mitarbeiter aufgestockt. Das verstehe ich nicht, denn wer sich bisher nicht an die Spielregeln gehalten hat, wird es auch nicht tun, wenn die Finanzmarktaufsicht 47 neue Mitarbeiter hat. Und jene Banken, die sich an alle Regeln halten, die sich bemühen, müssen die Rechnung für die überbordende Bürokratie bezahlen.

Welches Bild sollen die Österreicher von der Volksbank haben?

Pinkl: Wir zählen zu den vier größten österreichischen Banken, mit einer Tradition, die im Genossenschaftlichen und Regionalen verankert ist. Wir haben eine starke Bindung zu unseren wichtigsten Eigentümern, den Volksbanken. Bei unseren Kunden setzen wir auf eine lebensbegleitende Zusammenarbeit und haben unsere Produkte auf die Bedürfnisse der einzelnen Alters-und Personengruppen abgestimmt. Das schafft Vertrauen. Sie sehen unser Motto "Vertrauen verbindet" ist bei uns nicht nur Slogan sondern auch Programm.

Viele Kunden sind durch den Bawag-Skandal verunsichert. Schließen Sie eine derartige Causa für die Volksbank aus?

Pinkl: Ich schließe es aus, soweit es in meiner Macht steht, das zu beurteilen. In jedem Unternehmen kann etwas passieren, das wissen wir, doch es geht um die Ausmaße. Die Dimension dieses Bawag-Skandals kann ich mir im Bereich der ÖVAG nicht vorstellen. Zum Thema Sicherheit möchte ich noch anfügen, dass alle Volksbanken freiwillig in eine Anlagen-Sicherung einzahlen. Wir dotieren diesen Fonds tatsächlich mit barem Geld. Der Fonds dient dazu, den Banken in der Gruppe Unterstützung zu geben, sollte ein Problem auftauchen.

Wir können sofort eingreifen, bevor sich ein Geschäfts-Ausfall zu einem Riesenproblem auswächst.

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