Konflikte um „Opus Dei“ und die Ansatzpunkte der Kritik daran sind nichts Neues. Der folgende, fast 25 Jahre alte Beitrag dazu könnte fast heute geschrieben worden sein.
Lassen wir den geschmacklosen Ausdruck „Ohrenbeichte“ weg, auch den nicht weniger unpassenden „Privatbeichte“, weil ja doch bei einem Christen nichts „privat“ ist: weder seine Sünden sind es, denn sie schädigen die Kirche, die Menschheit im ganzen, noch seine Absolution kann es sein: wenn ein Glied des Leibes geheilt ist, freuen sich (nach Paulus) alle übrigen mit und profitieren von seiner Gesundheit. Ist aber im Katholizismus nichts privat, so ist doch alles persönlich, nichts ist bloß „kollektiv“, alles Gemeinschaftliche ruht auf persönlichen Entscheidungen (man wird nicht in die Kirche hineingeboren, wie in das jüdische Volk zum Beispiel; der Eintritt in sie muß — bei der Kindertaufe wenigstens nachträglich — verantwortlich ratifiziert werden).
Es ist etwas sehr Verwunderliches, ganz und gar nicht Selbstverständliches, und sicher auch kein eindeutiges Zeichen des geschichtlichen Fortschritts, daß sich alle alten Völker so vielerlei Gedanken über das „Jenseits“ gemacht haben, während der moderne Mensch sich sichtlich dafür kaum noch interessiert. Es ist, als sei ihm eine Sehne durchschnitten worden, so daß er nach dem früheren Ziel nicht mehr laufen kann, als seien ihm die Flügel gestutzt, sei in ihm das geistige Organ für die Transzendenz verkümmert. Woher mag das kommen?Die alten Völker hatten ja durchaus auch ihre
Hans Urs von Balthasar, der Verfasser des folgenden Artikels, ist heute der vielleicht bedeutendste Theologe Europas. Der 1905 in Luzern geborene und aus einer alten Luzemer Patrizierfamilie stammende Autor wurde zunächst Jesuit, trat dann aber mit Bewilligung der Ordensleitung aus der Gesellschaft Jesu aus und lebt seither als Weltpriester und Privatgelehrter größtenteils in Basel. Berühmt wurde er, als er in den Jahren 1937 bis 1939 das große dreibändige Werk „Apokalypse der deutschen Seele“ herausgab. Zahlreich sind seither seine theologischen, philosophischen und kulturhistorischen Werke. Berühmt wurde er auch als Übersetzer, so z. B. von Paul Claudels „Der seidene Schuh“ und der „Schriften des Origines“. Hans Urs von Balthasar ist insofern auch ein Phänomen, als er alle seine Werke eigenhändig schreibt, mit einer zierlichen, sehr einprägsamen Schrift. Der folgende Beitrag wurde dem Werk „Warum ich katholisch bleibe“ entnommen, das Balthasar zusammen mit Ratzinger im Johannes-Verlag, Einsiedeln, herausgab.
Wer als Christ nicht mehr betet, der muß sich selber Gründe zurechtlegen, die ihn entschuldigen, ja rechtfertigen. Zum Beispiel: Gebet gehört einer vergangenen Weltzeit an, es war hauptsächlich Magie: man bat sich die Dinge herbei, die man brauchte; heute legt man selbst Hand an, und so ist es Gottes Wille. Oder: Gebet gehört allenfalls ins Alte Testament; mit Christus ist Gott Mensch geworden, da soll auch der Mensch keine leeren Worte mehr zum Himmel schicken, sondern mit Gott absteigen zum Mitmenschen: tätige Liebe ist nicht Ersatz für Gebet, sondern christlich seine eigentliche
Gibt es ein Kriterium der Zugehörigkeit zur Kirche? Gemeint ist nicht die unsichtbare Gemeinschaft der „Heiligen“, das heißt aller durch Gottes Gnade Erlösten, die in irgendeinem Grad ja sagen zur Liebe. Wer weiß, vielleicht sind es alle Menschen überhaupt, denn in wessen Herz hat sich nicht wenigstens einmal ein selbstloser Gedanke eingeschlichen, der sich im Tode ausweiten lassen kann, wie ein kleinstes Senfkorn sich auswächst zu einem schattenspendenden Baum? Das für möglich zu halten, ist Gegenstand der christlichen Hoffnung. Gemeint ist im Augenblick auch nicht die Gemeinschaft aller Menschen, die in irgendeinem Grad — über alle Grenzen von Konfessionen, Glaube, Weltanschauung hinweg — sich einig wissen in der gemeinsamen Sorge um das Wohl der anderen, im Kampf gegen das furchtbare Unrecht in der Welt; daß wir als Christen hier dabei sein und womöglich wirksam an erster Stelle stehen müßten, das sollten wir allmählich verstanden haben, so sehr wird es uns von allen Seiten in die Ohren geschrien. Wir können es nicnt mehr überhören.
Die äußere Lebenskurve mit dem meteorischen Aufleuchten nach 1920 und dem Absinken in die Einsamkeit des Krank- und Verlassenseins verrät nichts von den wahren Ausmaßen der Sendung. Und das literarische Lebenswerk türmt sich zu solchen Höhen und umarmt solche Horizonte, daß sein Übermaß den pressierten Leser von heute entmutigt: der Auftrag wie seine Ausführung scheinen beide zu groß für diese Zeit. So haben sich die Christen dispensiert gefühlt, sich das Geschenk anzueignen und es den anderen zu erschließen. Heilige, die man in ihrer Weltstunde verkennt, lassen sich
Das Werk der vier Gewaltigen: Bloy, Peguy, Claudel und Bernanos, ist seltsam Hei in die Wirren und Fragwürdigkeilen ihrer Zeit eingesenkt. Peguy hat sich mit Leib und Seele in das politische Tagesgewühl geworlen, und nur ganz zu Ende, schon in der Vorahnung das Todes, wirit er fieberhaft die paar dichterischen Werke hin, die überleben. Bernanos begann umgekehrt, aui den Höhen der Dichtung, um sich, voll Ungeduld über die Torheit der Zeit, von oben herabzüwerien in den Lärm der Zeitungen und Vortragsreisen. Bloy rieb sich wund an seiner kleineren und größeren Umwelt und verströmte das
Um Christ in der Kirche zu sein, braucht es Mut. Mut ist durchaus nicht der Gegensatz zur Angst. Er ist ein ebenso vieldeutiges Phänomen wie die Angst; aufsteigend von primitiven und geistlosen Zuständen bis zu höchsten Verfassungen des Geistes. Wir reden hier von der christlichen Tugend der Tapferkeit, die, wie alles Christliche, eine von Gott geschenkte Gnade ist, die aber, zumal dort, wo sie den Menschen ganz ergreift und durchglüht, höchste, beste Haltungen des Menschen in sich empoinimmt.Der Mut des Geistes als natürlicher gründet auf einem ursprünglichen Wissen um das eigene