Fauchend und zischend schwingt der „Butofumeiro“, das fast mannshohe silberne Weihrauchfaß, durch die Weite des mächtigen Kirchenschiffes. In einem Meer von Licht schwebt die Siegesfahne von Lepanto, schimmern die scharlachroten Ornate der Kirchenfürsten. Glocken läuten, Orgelmusik rauscht auf, inbrünstig tönt der Chorgesang. Die mystische Feier lichkeit und schwere Pracht der spanischen Gottesdienste, ob sie nun in der Mesquita von Cordoba, in den Kathedralen von Sevilla, Toledo oder Burgos zelebriert werden, erreicht in Santiago de Compostela ein atem beraubendes Majestoso. Ist es
KRUMME GASSEN LAUFEN steile Hügel hinan um auf sonnenhelle Plätze herabzustürzen. Es ist für den Ortsfremden ein akrobatisches Kunststück, den Wagen um die scharfen Ecken zu steuern, hinter denen vielleicht eine schwarzgekleidete Alte zur Kathedrale humpelt, eine Katze träge über das bucklige Pflaster schleicht.COIMBRA, DIE STADT DER Heiligen und Studenten, der Könige und Gelehrten hat sich ihre mittelalterliche Atmosphäre bis in dieGegenwart bewahrt, wozu die Studenten in ihren schwarzen, pelerinenartigen Mänteln, deren eine Seite um den Hals geschlungen und über die rechte
SIE SASSEN AM STRASSEN- RAND — ZWEI WINZIGE, unbewegte Punkte in der gigantischen Bergwelt des Hohen Atlas. Als wir uns näherten, kam Leben in die beiden Gestalten, denn sie wollten in das „Tal der Burgen“ mitgenommen werden. Autostopp ist in diesem Gebiet des Atlas, zwischen Midelt und Ksar-es-Souk, ein ziemlich hoffnungsloses Unternehmen. Der Verkehr ist spärlich und die wenigen Wagen sind meist mit Personen und Gepäck vollbeladen. Wir bedauerten, ihre bescheiden vorgebrachte Bitte nicht erfüllen zu können, doch sie nahmen es gelassen hin und hockten sich wieder in den Staub.
„CARTHAGE, 17 KM.“ SCHNURGERADE führt die Straße zur Küste. Sie führt aus lärmender Gegenwart, aus der Avenue Habib Burgiba in Tunis zwischen Vorstadthäusern, subtropischen Gärten und Sommervillen in das schweigende Reich der Vergänglichkeit. Karthago, die „Königin der Meere“, ist nicht mehr als eine Ahnung, ein Gräberfeld unter den Füßen spielender Kinder. Der leise Hauch des Windes trägt auf seinen Flügeln den Duft von Zitrus- blüten, die Stimme des Meeres spricht zu uns, und ein paar halb in die See versunkene Steinquader umreißen das Becken des punisehen Hafens.
DÜSTER UND DUNKEL STEIGEN die steilen Felswände der Pylae Ciliciae empor. Durch dieses ge-schichtsträchtige Felstor braust der Tschakytfluß, hat Menschenhand schon vor Jahrtausenden einen Pfad in den Stein gegraben, hat moderne Technik eine Autostraße gesprengt.Die Fahrt ist voller wilder, berauschender Schönheit und blendet in ferne Zeiten zurück. Hier zogen Königin Semiramis und der Perserkönig Darius, Alexander der Große, byzantinische Heere und Harun al Raschid, führte Gottfried von Bouillon die ersten Kreuzfahrer zur Eroberung Jerusalems.Erwartungsvoll fahren wir den heiligen
IN DER TIEFE UNDURCHDRINGLICHER Wälder sitzen wir auf der Terrasse des Klosters Sucevita beim Abendessen. Die junge, anmutige Schwester im Habit orthodoxer Nonnen reicht rosefarbigen Klosterwein und Mokka. In tadellosem Französisch beantwortet sie unsere Frage, wie es mit dem Klosterleben in der Volksdemokratie Rumänien bestellt sei: Die Klöster wurden nicht aufgehoben, müssen sich aber selbst erhalten und sind in der Moldau eine Art Gästehäuser des staatlichen Touristenbüros. Selbst im Winter, wenn hungrige Wölfe die quadratischen Wehrmauern des Klosters um-heulen, fehlt es nicht an
DIE UNBERÜHRTE LANDSCHAFT nimmt unser Herz gefangen. Sie verlockt uns, trotz manch schlechter Straße immer tiefer in ein Gebiet einzudringen, das wie kein anderes in Europa urtümlich, wild und voll bestrickenden Reizes ist. Steile, kahle Berge tragen noch ihre Schneekronen, wenn unten im Tal schon die Mohnfelder leuchten. Störche spazieren gravitätisch auf dem endlosen Schachbrett der Tabak- und Baumwollfelder oder schauen gelangweilt den schwarzzotteligen Wasserbüffeln, furchterregenden Ungetümen zu, die sich behaglich in den Pfützen wälzen. In undurchdringlichen Wäldern hausen
Bin-bir-kilise — „Tausend und eine Kirche” — nennt der türkische Volksmund die Gegend um Geröme im Herzen Anatoliens. Es ist ein seltsames Tal, ein ewiger Fremdling unter den Tälern der Erde. Inmitten dieser geisterhaften Mondlandschaft, die auszudeuten unsere Phantasie niemals müde wird, fühlt sich selbst der moderne, sachliche Mensch in eine mystische Traumwelt versetzt. Haben wir Geröme erreicht, so liegt eine Reise durch Jahrtausende hinter uns. Wir haben Istanbul, die prächtige Pforte vom Okzident zum Orient, durchschritten und sind durch Jonien auf den Spuren der Apostel