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51 Fragen über „Sekten und destruktive Kulte“

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In Österreich seien derzeit „400 bis 600 verschiedene Gruppen konfliktgeladener, pseudoreligiöser Kulte/Sekten mit über 100.000 Mitgliedern tätig“. Mit dieser Feststellung leiten die Grün-Mandatarinnen Christine Heindl und Madeleine Petrovic ihre 51 parlamentarischen Anfragen an neun verschiedene Minister ein. Gegenstand der Anfragen ist das Wirken von Organisationen wie „Scientology Kirche Österreich“, „Sahaja Yoga“, „Sri Chinmoi“, „Hare Krishna“, „Zeugen Jehovas“, die „Initiative Neue Linke“, die „Plattform für Religionsfreiheit“ (FURCHE 4 und 5/1994) sowie die Lernhilfeinstitute von Helmut W. Karl, „Freie Pädadogische Initiative“ und „Institut für Wissen und Können“ (dazu auch Seite 1). Vereinigungen wie „Scientology mit seinen totalitären Strukturen“ seien natürliche Gegner der „antifaschistischen“ Grünen, definiert Heindl im FURCHE-Gespräch die Position ihrer Partei: So habe etwa Scientology „das Abhängigmachen des Menschen zum Ziel, wjrkt bewußtseinsverändernd und versucht Menschen aus ihrer sozialen Umgebung herauszureißen“. Diese Methoden hätten mit einer „freien, demokratischen Gesellschaft“ nichts zu tun. Heindls Resümee: „Organisationen wie Scientology und Hare Krishna beuten ihre Mitglieder finanziell und psychisch aus.“

REGIERUNG GEFORDERT

Von der Politik fordert Heindl konkrete Maßnahmen, etwa die Neuauflage der Aufklärungsbroschüre „Jugendreligionen, Psychokulte, Gu-rubewegungen“. Dabei sollte die

Bundesregierung als Herausgeber fungieren, um zu vermeiden, daß die genannten Organisationen Einzel-Verantwortliche für die Broschüre vor den Kadi zerren können.

In ihren‘ Anfragen wollen die Grünen etwa ergründen, ob das Familienministerium Hinweisen über Verletzungen der Kinderrechte bei vielen destruktiven Kulten nachgegangen sei; die Fragesteller berufen sich auf „Aussagen von Experten“, wonach „bei Hare Krishna Zärtlichkeit und körperliche Zuwendung“ verpönt sei, Sahaja Yoga die Prügelstrafe empfehle und Scientology die Existenz einer seelisch-geistigen Entwicklung im Kindesalter leugne. Weiters wird nach Aktivitäten der „destruktiven Kulte“ in Kinderbetreuungseinrichtungen gefragt.

Von Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel wollen die Grünen wissen, was dieser über die Aktivitäten von „Scientology“ im Bereich der Betriebsberatung oder von „Sri Chimnoi“ und „Hare Krishna“ (Restaurants, Reformhäuser) weiß.

Von Innenminister Franz Lösch-nak begehren die Grünen Auskunft über das Ergebnis der Ermittlungen der Sicherheitsdirektion Wien über den abgabenrechtlichen Status der Vereine „Scientology Kirche Österreichs“ und „Scientology Mission Wien“. Denn der Verwaltungsgerichtshof nirrmit an, daß die genannten Vereine nicht bloß „nicht gemeinnützig“, sondern auf Gewinn gerichtet sind. Dahinter steht eines der Grundprobleme der gesamten Thematik: Vereine wie „Scientology“ sehen sich als Kirche; Kritiker wie die Grünen gehen davon aus, daß diese „überhaupt keinen religiösen Inhalt haben“, sondern „Wirtschaftsunternehmen oder sogar Weltkonzerne sind“ (Anfragetext).

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