Etiketten-Schwindel

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Überfallsartig hat die Regierung die Einführung von Studiengebühren beschlossen, ohne vorherige Diskussion, insbesondere ohne Diskussion mit den Betroffenen. Überdies in eklatanter Missachtung aller Wahlversprechen.

Die Missstände an den Universitäten sind nicht zu leugnen. Noch immer befindet sich Österreich mit seiner Akademikerrate an der untersten Stufe der EU, noch immer sind Studiendauer und Drop-out-Quoten weitaus höher als in anderen europäischen Ländern. Die Erkenntnis, dass Österreich zu wenig Akademiker hat, veranlasste Kreisky vor 30 Jahren, die Universitäten zu "öffnen", das heißt die Studiengebühren abzuschaffen, um auch ärmeren Bevölkerungsschichten den Zugang zu den Universitäten zu ermöglichen. Die Öffnung der Universitäten, ohne begleitende Maßnahmen, führte auch zu Fehlentwicklungen - steigenden Ausbau der Unis, fehlende Leistungskontrollen, zu wenig Geld für die Forschung, die Universität als "Wärmestube", um die Jugendarbeitslosigkeit hintanzuhalten, ...

Wie korrigiert man solche unbestreitbaren Fehlentwicklungen? Durch öffentliche Diskussion unter Einbeziehung von Professoren und Studenten und unter Heranziehung ausländischer Modelle. Eine der interessantesten Ideen, nämlich eine Art Kreditfinanzierung des Studiums, brachte Hans Pechar schon 1996 vor (in "Österreich 2 1/2 - Anstöße zur Strukturreform").

Niemand griff die Idee auf. Auch die SPÖ nicht. Nein zu sagen ohne Gegenkonzepte und Demonstrationen zu organisieren, ist für eine Oppositionspartei zu wenig.

Die Lösung, die die Regierung derzeit anbietet - Studiengebühren ohne konkrete Vorschläge zur Sanierung der universitären Missstände - hilft zwar dem Finanzminister, sein einziges Ziel, das Nulldefizit, zu erreichen. Aber der Finanzminister agiert dabei wie eine Firma, die Geld für Investitionen braucht und zuerst ihre Produkte verteuert, statt sie zu verbessern. Hier wird Budgetpolitik als Bildungspolitik verkauft. Ein Etikettenschwindel.

Trautl Brandstaller ist ORF-Journaliustin und Dokumentarfilmerin.

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