Alle gute, ich meine, alle berührende Kunst handelt davon, was sein könnte. „Als wir jung waren“, sagt Thomas in Robert Musils Schauspiel „Die Schwärmer“, „wussten wir, dass das, was wirklich geschieht, ganz unwichtig ist neben dem, was geschehen könnte.“ Diese Neigung zum Möglichen, dieses Offenhalten-Können nennen wir jung. Es gibt keinen Grund, sich im Lauf der Jahre von dieser Haltung zu verabschieden.
Weil sie aber eben doch passiert, die schleichende Erosion der Zuversicht, tut es gut, mit jungen Menschen beisammen zu sein, um sich anstecken zu lassen von ihrem Bekenntnis zu dem, was geschehen könnte. Frage: Sind denn unsere Politiker alle kinderlos? Oder sprechen sie nicht mit ihren Töchtern und Söhnen, hören sie niemandem zu, der die bestehenden Verhältnisse für ganz unwichtig hält neben den möglichen, den gestaltbaren?
In der Kunst nennen wir jung, was uns verheißungsvoll scheint, aufregend, vibrierend voller Optionen. In diesem Jahr gibt es eine Häufung von Angeboten, sich mit junger Kunst zu beschäftigen. „Lebt und arbeitet in Wien“, „Triennale Linz 1.0“, „Junge Szene Wien“. Hingehen! Denn da lässt sich sehen: Eine neue Künstler-Generation findet frische Bilder, mit denen sie das Denken in Alternativen stimuliert. Und das funktioniert manchmal ganz anders als erwartbar. Sonia Leimer, eine junge Südtirolerin, hat einen freistehenden körperhohen Rahmen gebaut, in den vier Glasscheiben eingesetzt sind: eine davon aus Crash Glas, einem extrem leicht zerbrechlichen Material, das im Film für Stunts eingesetzt wird. Mit scharfen Augen erkennt man den Unterschied in der Oberfläche, in der Lichtbrechung. Die eigentliche Spannung entsteht durch das Wissen: Es braucht nicht viel, und die Scheibe zerspringt. Das Verblüffende: Der alchemistische Zauber der Kunst verwandelt negative Energie in positive. Ein Glücksgefühl. Alles ist möglich, jederzeit! Man darf nur den rechten Moment nicht verpassen.
