Carl Lampert: Seliger der Zivilcourage

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Am 13. November 1944 wurde der Vorarlberger Priester in Halle hingerichtet. | Auf den Tag genau 67 Jahre später erfolgt Carl Lamperts Seligsprechung.

"H alle Nord“ klingt nach Bahnhof: es ist keine Bezeichnung, die bleiben soll. Als sich die katholische Pfarre Heilig-Kreuz mit kleineren Gemeinden im Norden von Halle an der Saale zusammenschloss, war schnell klar, wie "Halle Nord“ heißen soll: Carl Lampert-Pfarre. Das Problem: der Namensgeber war bislang nicht im Heiligenkalender verzeichnet. Am 13. November wird das anders: Dann nämlich wird der Vorarlberger Priester in Dornbirn seliggesprochen.

Im Garten des Pfarrzentrums von Halle Nord steht eine Stele, die an Carl Lampert sowie an die Priester Herbert Simoleit und Siegfried Lorenz erinnert. Am 13. November 1944 wurden sie hingerichtet. Ein Kirchenmann, der mit dem NS-Regime in Konflikt gerät und nach KZ und Gefängnis hingerichtet wird: Aus der Diözese Feldkirch hört man von Schwierigkeiten, das Beispiel Carl Lamperts heutigen Generationen näher zu bringen. Zu weit scheinen auf den ersten Blick Person und Verhältnisse in die Vergangenheit entrückt.

In Halle ist das anders. Wenige Tage nach der Hinrichtung segnete ein Priester auf dem Gertraudenfriedhof die Erde, in der man die Urnen wusste, und begründete damit eine Erinnerungstradition, die bis heute ungebrochen ist. Nicht weit von "Halle Nord“ steht das Zuchthaus "Roter Ochse“, in dem die drei Priester enthauptet wurden. Im Hinrichtungsraum versammeln sich jeden 13. November Gläubige, um der Ermordeten zu gedenken. Aber die Nähe der Ereignisse erklärt nicht alles. Im Unterschied zu Österreich wurde in Ostdeutschland die NS-Diktatur ja nicht von einer Demokratie abgelöst. Im repressiven Klima der DDR aber wurde Lampert zu einer wichtigen Orientierungshilfe.

Zu seiner Überzeugung gestanden

Man brauchte Menschen, die Mut machten, zur eigenen Überzeugung zu stehen und "den eigenen Weg nicht zu verlassen, nur weil es Spitzel gibt“, sagt Pfarrer Koschig. Nach der Wende ist in Halle Bekennermut weiterhin gefragt. Auf etwa drei Prozent kommen Katholiken in den Statistiken - bei einer Mehrheit von 85 Prozent an Religionslosen.

Carl Lampert wird 1894 in Göfis bei Feldkirch geboren und ist nach der Priesterweihe Kaplan in Dornbirn. Später studiert er Kirchenrecht in Rom und kommt 1935 nach Innsbruck, um das Kirchengericht aufzubauen. 1939 macht ihn Bischof Paulus Rusch zum Provikar der Apostolischen Administratur, was heute einem Generalvikar entspricht. In dieser Funktion gerät Lampert bald in Konflikt mit dem kirchenfeindlichen Gauleiter Franz Hofer. Dreimal wird er verhaftet: einmal als er Schwestern in ihrem Protest gegen die Aufhebung ihres Klosters unterstützt, dann weil man ihn für einen von Radio Vatikan ausgestrahlten Bericht über die Lage der Kirche in Tirol verantwortlich macht, und zuletzt als er eine Todesanzeige für den Priester Otto Neururer veröffentlicht und dabei das KZ Buchenwald als Sterbeort nennt. Warnungen, der Gauleiter trachte ihm nach dem Leben, veranlassen ihn nicht, zurückzustecken.

Die Folge: KZ. Fast ein Jahr verbringt Lampert in Dachau und Sachsenhausen. Im August 1941 kehrt er ausgemergelt zurück. Tage später verbannt ihn das Regime nach Stettin. Dort wird er aufgrund von Berichten, die ein Spitzel fabriziert hat, mit einem Kreis angeblicher Verschwörer erneut verhaftet und wegen Feindbegünstigung, Wehrkraftzersetzung und Rundfunkvergehen, dann auch noch wegen Spionage zum Tod verurteilt. Berührende Briefe aus der Haft in Torgau und Halle zeigen einen Menschen, der sein Schicksal aus dem Glauben zu verstehen sucht. "Nun ruft mich Gott“, schreibt er, als die Henker kommen.

Eine Carl Lampert-Pfarrre

In Wahrheit ist das Beispiel Carl Lamperts von beklemmender Aktualität. Karin Bitschnau, die sich in der Diözese Feldkirch für die Initiative "Carl Lampert erinnern“ engagiert, sieht ihn als einen "Patron für Zivilcourage“ - als einen, der "seinen geraden Weg gegangen ist“. Manche sagen bis heute: "Hätte er das Maul gehalten, wäre er Bischof geworden.“ Dieses Argument kennt Pfarrer Koschig aus DDR-Zeiten sehr gut: "Aber wo kämen wir da hin, wenn wir immer das Maul halten gegen unsere Überzeugung?“ Weil Lampert es aufgemacht hat, wird er am Sonntag seliggesprochen.

Übrigens ist die Umbenennung von "Halle Nord“ noch nicht sicher. Lampert wird selig- und nicht heiliggesprochen, darf also eigentlich nur lokal verehrt werden. Rom prüft, und Magnus Koschig schmunzelt über den Amtsschimmel. Er hofft mit guten Gründen, dass die Pfarre, die eine Carl Lampert-Pfarre ist und sein will, dereinst auch so heißen darf.

Jetzt geht es heim Carl Lamperts letzter Weg

Film von Christian Rathner.

Sonntag, 13. November, 10.15, ORF 2

Hätte ich nicht eine innere Kraft …

Leben und Zeugnis des Carl Lampert

Hg. Susanne Emerich.

Tyrolia, 2011.

128 Seiten, geb.

€ 14,95

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