Die Frau ist kein Backofen mehr

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Im 17. Jahrhundert kam Galilei mit dem Lehramt der römischkatholischen Kirche in Konflikt, weil er lehrte, dass sich die Erde um die Sonne dreht -und nicht umgekehrt. Der Blick durch das Fernrohr unterstützte seine Thesen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts blickten immer mehr Naturforscher durchs Mikroskop, um die Zellstruktur von Pflanzen und Tieren zu erforschen: Das Ergebnis war nicht weniger weltbildumstürzend als Galileis Entdeckung: denn die Entdeckung der weiblichen Eizelle und ihrer Rolle bei der Fortpflanzung 1837 durch Karl Ernst von Baer bewies, dass die antike Biologie falsch war.

Aristoteles hatte nicht nur gelehrt, dass Frauen eine Art männlicher Missgeburt seien, sondern auch, dass für das Hervorbringen von Kindern nur der Samen des Mannes notwendig sei, der in der Frau dann "ausgebacken" würde. Die Biologie des Aristoteles, die bis ins 20. Jahrhundert die kirchliche Sicht auf die Frauen bestimmte, hatte für die Rolle der Frau, aber auch für die Sexualmoral in Kirche und Gesellschaft verheerende Folgen. Massive frauenfeindliche Äußerungen christlicher Theologen führten zur Abwertung der Frau. Noch Kant zählt die Frau zu Ende des 18. Jahrhunderts zum Besitz des Mannes wie Kasten und Kuh. Die Erfolge der politischen Frauenbewegung führten dann nach der UNO-Frauenkonferenz von 1974 zu einer Revision der Familiengesetzgebung und zum Ende des gesetzlich festgeschriebenen Patriarchats.

Im Vatikan nahm man freilich von den neuen biologischen Erkenntnissen kaum Notiz, und die gesellschaftlichen Veränderungen wurden von der Kurie wenn, dann als moralische Probleme wahrgenommen. Das galt auch für die Ergebnisse der Sexualforschung, die ab Ende der 1940er-Jahre mit statistischen Methoden ein neues Bild menschlichen Sexualverhaltens zeichnen konnte. Erst mit der "Pillenenzyklika" Humanae vitae 1968 begann eine vom Vatikan immer wieder gemaßregelte Diskussion über Sexualmoral.

"Fußball" römischer Polit-Ränke

US-amerikanische Ordensfrauen des Dachverbandes LCWR (Leadership Conference of Women Religious) wie z.B. Margaret Farley suchen seit Jahrzehnten neue und kreative Wege für eine Sexualmoral der Gerechtigkeit statt einer Sexualmoral der Verbote. Um Gerechtigkeit geht es auch den "Nuns on the Bus", die durch die USA touren, um auf soziale Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen. Unter Papst Benedikt XVI. begann 2008 ein Lehrzuchtverfahren der Glaubenskongregation gegen die rund 57.000 Ordensfrauen des LCWR. Das Verfahren wurde 2012 abgeschlossen. Kardinal Gerhard Ludwig Müller, Präfekt der Glaubenskongregation, kritisierte u.a. Positionen zur Sexualmoral als nicht konform. Die LCWR setzt nun auf Verhandlung mit dem Vatikan.

Im Zuge eines solchen Gesprächs meinte Kardinal Müller kürzlich, man sei ja nicht frauenfeindlich, man würde ja nicht täglich eine Frau verzehren (4. September 2014, National Catholic Reporter). Nach gutem Gesprächsklima klingt diese Art von Humor allerdings nicht. Der Kardinal wirft den LCWR-Frauen "Ungehorsam" vor, die Nonnen sehen sich als "Fußball" vatikanischer Polit-Ränke.

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