EU-Gegner und ihre zweifelhaften Freunde

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Einen Hardcore-Wirtschaftsliberalen stellt man sich anders vor. Geschniegelter jedenfalls, Anzug und Krawatte sowieso, feines Tuch, versteht sich, Manschettenknöpfe unbedingt und Schuhe, die beim Gehen laut sind und mit jedem Schritt zeigen: Wir sind da! Petr Mach hat das alles nicht. Blue Jeans (die ohne Markenlabel), grünes Knitterhemd, offener Kragen, Gummisohlen … Kleider machen vielleicht Leute, aber keinen Petr Mach. Den 34-jährigen Tschechen machen seine Ansichten und seine Politik zum Gründer und Vorsitzenden der euroskeptischen "Partei der freien Bürger" (SSO). "Nur der Wettbewerb zeigt den besseren Weg", sagt Mach. In der Politik so wie in der Wirtschaft. Und diesem Wettbewerb will er sich mit der SSO bei den Wahlen um die tschechischen Sitze im EU-Parlament Anfang Juni stellen.

Kinder des geistigen Vaters Václav Klaus'

Im Zivilberuf ist Mach Direktor des Prager Zentrums für Wirtschaft und Politik. Sein Büro liegt vis-à-vis vom Hauptbahnhof der tschechischen Hauptstadt. Auf der einen Seite die Moldau. Auf der anderen Seite, oben auf dem Burgberg, arbeitet Machs wichtigster Unterstützer: der tschechische Präsident Václav Klaus. "Wir teilen die selben Ideen wie der Präsident", kommentiert Mach das Verhältnis seiner Partei zu Klaus. Ein wenig später im Gespräch bezeichnet er sich und seine Parteikollegen sogar als Klaus' "Kinder", unterwegs "in den Fußstapfen" des geistigen Vaters. Wichtigstes Ziel der SSO ist es, den EU-Vertrag von Lissabon zu verhindern und eine Volksabstimmung gegen den Euro in Tschechien durchzusetzen. Lissabon nütze nur den großen EU-Ländern, erklärt Mach. Die Union soll bleiben wie sie ist - mit Veto-Rechten, ohne zu weitreichende globale Ambitionen. "Wachstum gibt es nur in kleinen Einheiten", sagt Mach. Diese Meinung teile er mit den meisten Tschechen, ist er überzeugt. Genährt werde diese Skepsis von den negativen tschechischen Erfahrungen im k. u. k. Österreich.

Ein trotziger Schafbock als Parteilogo

Das Logo der "Partei der freien Bürger" zeigt einen springenden "trotzigen" Schafbock, der laut Mach den "Weg zur Freiheit" darstellen soll. Und auch Präsident Klaus meinte in seiner Grußbotschaft zur Parteigründung Mitte Februar, dass der "Akzent auf die Verteidigung der Freiheit des Einzelnen und der nationalen Souveränität die Öffentlichkeit ansprechen wird". Eine erste Meinungsumfrage räumte der neuen EU-skeptischen Partei sogar über ein Fünftel (22 Prozent) der tschechischen Wählerstimmen ein. Mittlerweile wurden die Prognosen aber nach unten revidiert. Entscheidend dafür: Inzwischen haben noch zwei weitere tschechische EU-Skeptiker Parteien für die EU-Parlamentswahlen gegründet.

Jiri Havel, dem EU-Spitzenkandidaten der tschechischen Sozialdemokraten, ist das nur recht. Er hofft, dass sich die EU-Gegner gegenseitig Wähler abspenstig machen. Eine Hoffnung für EU-Befürworter überall. Havel nennt Petr Mach "die rechte Hand von Klaus" und billigt ihm persönlich "Seriosität und echtes Interesse" an EU-Themen zu.

Trotzdem hat Havel ein großes Problem mit der SSO: Weil Mach "zweifelhafte Leute anzieht, die es in anderen Parteien zu nichts gebracht haben". Denen gehe es nicht um Europa, sagt Havel, sondern die würden die Anti-EU-Stimmung allein für ihr eigenes Weiterkommen nützen wollen. Bestätigt wird Havels Vorwurf durch den Umstand, dass die drei EU-skeptischen Parteien in Tschechien aus einem Grund nicht zu einer Wahlplattform zusammenfinden: Weil jeder der Hauptproponenten den Spitzenplatz und damit nicht uneigennützig den sicheren Einzug ins EU-Parlament für sich beansprucht.

"Libertas.cz" heißt der tschechische Ableger der irischen Libertas-Partei, die im Vorjahr erfolgreich für ein Nein der Iren zum Lissabon-Vertrag geworben hat. Libertas-Gründer Declan Ganley hat Zersplitterung und Gegeneinander als die größten Hindernisse für den Erfolg der EU-Gegner erkannt. Er will Libertas daher als paneuropäische Partei etablieren. In der Slowakei, in Österreich und in Polen wird Libertas bereits mit großer Sicherheit antreten.

Zur Gründung des polnischen Libertas-Ablegers "Vorwärts Polen" schickte - wie könnte es anders sein - Václav Klaus eine Grußbotschaft. Die Parteigründer sind ehemalige Politiker der national-katholischen Liga Polnischer Familien. Die Unterstützung des national-katholischen Radio Maryja scheint gewiss. In Irland warnt hingegen die katholische Partei Sinn Fein, dass Libertas für eine "neoliberale Wirtschaftsideologie" stehe, der es um niedrige Steuern für multinationale Konzerne gehe. Und auch bei Libertas ist von "zweifelhaften Freunden" die Rede, die bis hin zu US-Geheimdiensten vermutet werden. Sinn Fein jedenfalls warnt öffentlich: "Die Bürger von Österreich und der gesamten EU dürfen sich von der Rhetorik von Libertas nicht täuschen lassen!"

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