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Montessori – oder: Mutter und Hure als Gespann

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Der Film zeigt die Starpädagogin Maria Montessori, die sich nicht nur für die Rechte der Kinder einsetzt, sondern ebenso für jene der Frau.

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Der Film zeigt die Starpädagogin Maria Montessori, die sich nicht nur für die Rechte der Kinder einsetzt, sondern ebenso für jene der Frau.

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Eine Kutsche schaukelt durch impressionistisch anmutende Wiesen, doch aus traurigem Anlass. In dem Wagen sitzt Maria Montessori im schwarzen Gewand. Die italienische Ärztin hat sich entschlossen, ihren kleinen Sohn auf dem Land unterzubringen. Im Kampf für die Rechte der Kinder muss sie persönliche Opfer auf sich nehmen. Léa Todorov konzentriert sich in ihrem Biopic „Maria Montessori“ auf die Anfänge der bis heute populären Pädagogin, ohne sich auf aktuelle Kritik wie etwa deren rassistischen Denkens einzulassen. Wie der Originaltitel „La Nouvelle Femme“ unterstreicht, geht es der Regisseurin vor allem auch um Montessoris Einsatz für die Rechte der Frau.

Gemeinsam mit Giuseppe Montesano leitet Montessori ein heilpädagogisches Institut. Dort unterrichten sie behinderte Kinder durch weiterentwickelte Methoden französischer Ärzte wie Jean Itards, dessen Vorgehen François Truffaut mit „Der Wolfsjunge“ ein Denkmal setzte. Während aber Montesano von wissenschaftlichen Gremien Anerkennung erfährt, geht die selbstbewusste Ärztin leer aus. Ihre Karriere ist zudem gefährdet durch den gemeinsamen Sohn, dessen Existenz geheim gehalten werden muss. Einen Weg aus der Zwickmühle weist ihr die Kurtisane Lili d’Alengy. Die elegante, weltgewandte und einflussreiche Pariserin fördert den Erfolg von Montessoris Methode, durch die sie das Potenzial ihrer behinderten Tochter Tina erkennt. Die Ärztin lernt, dass sie, um Gelder einzuwerben, ihr Publikum mit einer Geschichte verführen muss, in der sie die Heroine ist. In diesem Punkt zeichnet die Regisseurin Montessoris Person sehr modern, sie reflektiert zugleich ihr Metier.

Obschon das sich befruchtende Gespann das Stereotyp „Die Mama und die Hure“ bedient, geben ihm die Darstellerinnen Jasmine Trinca und Leïla Bekhti schönste Gestalt. Sie spiegelt sich auch in der Bildästhetik, die Montessoris Prinzip befolgt, den Geist über die Sinne auszubilden. Doch indem das Biopic die Reformpädagogin zur Mutter stilisiert, die ihren Sohn zu ihrer einzigen Liebe adelt, für den sie sich im Dienst aller Kinder opfert, inszeniert es eine Pädagogik des emotionalen Missbrauchs. Sie verhindert die Autonomie des Kindes.

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