Ausbildung der Geistlichen
Mit der Einrichtung von Islamischen Zentren in Hochschulen integriert Deutschland gerade die Imame-Ausbildung als akademische Disziplin und stellt sie dem Theologiestudium von Katholiken und Protestanten gleich.
Rabbiner Abraham Geiger war es, der 1830 die akademischen Instrumentarien als Mittel erkannte, die jüdische Identität im Emanzipationsprozess zu reflektieren und die Rabbinerausbildung der christlicher Geistlicher gleichzustellen. Seine Forderung, die Rabbinerausbildung akademisch zu verankern, hat Anfang Juli der Generalsekretär der Kultusministerkonferenz, Erich Thies, aufgegriffen: Er halte es für "uneingeschränkt richtig“, dass das Abraham Geiger Kolleg, Deutschlands einzige akademische Rabbiner-Ausbildung-Stätte, diesen Anspruch auf Gleichbehandlung erhebe. Als der evangelische Theologe Martin Rade sich 1912 schon einmal für die Errichtung einer Fakultät ausgesprochen hatte, begründete er dies politisch. "Wir fordern eine jüdisch-theologische Fakultät im Interesse der deutschen Kulturnation“. Das Judentum müsse "als eine lebendige Religion von 600.000 Reichsdeutschen“ begriffen werden, "hinter denen in der Welt eine Gemeinde von über elf Millionen steht.“ Der renommierte Alttestamentler Hermann Gunkel antwortete Rabe im März 1912 auf dessen Forderung: "Was ich persönlich von jüdischer ‚Wissenschaft‘ kennen gelernt habe, hat mir nie einen besonderen Respekt eingeflößt. Unsere jüdischen Gelehrten haben zumeist nicht einmal die Renaissance erlebt!“ Gunkels Ablehnung obsiegte und Deutschland setzte eine grausame Zäsur. Jetzt ist sie wieder da, die Chance zu beweisen, dass die jüdische Theologie nicht als eine der deutschen Universität unwürdige Disziplin betrachtet wird. Ob 200 Jahre Vorlauf genug sind?
* Der Autor; Rabbiner, leitet das Abraham-Geiger-Kolleg in Berlin
