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Ehen, auf Erden geschlossen...

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Ehe und Ehenot sind das Kardinalthema aller Diskussionen über die Krise der westlichen Lebensform. Schlechthin ist die Ehenot Ausdruck dieser Krise. Wenn daher die westdeutschen Verhältnisse hier eingehender dargestellt werden sollen, so kann es sich nur um einen Beitrag zum Thema handeln, beispielhaft, allerdings mit besonderen Akzenten.

Seit 1945 wird das Thema Ehe und Ehenot in Westdeutschland lebhaft diskutiert, vordergründig unter dem Gesichtswinkel der vielfältigen Konsequenzen des Zusammenbruches, analysierend mit Rück-sich auf eine durch Jahre angestaute Problematik, grundsätzlich gegenüber der Aktualität und dem Ausmaß der Krisenerscheinungen. Erst neuerlich gab die Statistik einen Schreckschuß ab: es liege ein Rekord vor, innerhalb der Jahre 1939 bis 1949 habe sich die Zahl der Ehescheidungen nahezu verdoppelt. Vergleicht man den Durchschnitt der Vorkriegs jähre 1936/39 (auf 100000 Einwohner 76 Scheidungen) mit dem Durchschnitt der Jahre 1947/49 (auf 100 000 Einwohner 174 Scheidungen), dann ist die Scheidungsziffer sogar auf m e h r als das Doppelte gestiegen.

Die erste Scheidungsstatistik

des Statistischen Bundesamtes der westdeutschen Bundesrepublik für die Jahre 1946 bis 1949 weist folgende Zahlen auf: Im Bundesgebiet rechtskräftig geschiedene Ehen:

dungskurve ihren Höhepunkt erreicht hatte, übereilte Eheschließungen vor und während des Krieges mit ihren fragwürdigen und nur auf den Augenblick bezogenen Spekulationen (Ehestandsdarlehen, Sonderurlaube), der Unfug der „biologischen“ Ehepropaganda des Nazisystems, die lange Trennung der Ehepartner infolge der Kriegsverhältnisse, jahrelange Zurückhaltung der Kriegsgefangenen, schließlich auch die unzulänglichen sozialen Nachkriegsverhälthisse der Wohnraumknappheit haben ihren Teil beigetragen zu der großen Zahl von Ehescheidungen, zu deren Charakteristik die Statistik noch vermerkt, daß der Anteil der schuldig geschiedenen Frauen ständig anwachse. Eine Zeitung in München spricht von den verhängnisvollen Folgen der „modernen Fliegengewichtsauffassung von der Ehe, als sei sie von vornherein nur auf Probe und mit der Wohltat einer Scheidung im Hintergrund zu riskieren“. Die als unabhängig sich

firmierende Zeitung — wir zitieren sie daher absichtlich, um zu zeigen, daß die Situation nicht nur in einem weltanschaulich abgesteckten Raum klar erkannt wird — spricht weiter davon, die Hast und Unbeständigkeit dringe in einen Lebensbereich ein, „der auf dem Prinzip der Beständigkeit beruht und dem die Kirche nicht umsonst den Rang eines Sakraments zuerkennt..

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