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Ganz ganz nach Wien!

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Nicht erst seit J. R. R. Tolkiens % Ruch „Der Herr der Ringe" X 1 haben Ringe etwas Magisches, „Ringträger" etwas Mystisches an sich, vor allem wenn letztere nicht demokratisch gewählt, sondern vom jeweiligen Vorgänger bestimmt werden. Ein Reispiel dafür ist der Iffland-Ring, der laut Statut von 1954 dem „bedeutendsten und würdigsten Rüh-nenkünstler des deutschsprachigen Theaters auf Lebzeiten" verliehen werden soll.

Der Überlieferung nach hat Goethe dem Schauspieler, Dramatiker und Theaterleiter August Wilhelm Iffland (1759-1814), dem ersten Franz Moor in Schillers „Räubern", dieses Schmuckstück, einen Eisenreif mit einem großen blauvioletten Halbedelstein, den Kopf des Künstlers zeigend, umgeben von 28 kleinen Diamanten, übergeben. Über Ludwig Devrient und dessen Neffen Emil Devrient soll der Ring an Theodor Döring gekommen sein, aber erst ab dessen Nachfolger als Ringträger, Friedrich Haase (1825-1911), der schriftliche Aufzeichnungen hinterließ, ist die Geschichte des Ringes gesichert. Auf Albert Rassermann (1867-1952), der -nachdem drei von ihm vorgesehene Nachfolger gestorben waren (Alexander Girardi, Max Pallenberg, Alexander Moissi) - den Ring dem Wiener Bundestheatermuseum überließ, folgten der von einer Jury gewählte Werner Krauß (1884-1959) und Josef Meinrad (1913-1996).

Kunstminister Rudolf Schölten enthüllte vorige Woche Meinrads Vermächtnis: „Mein Wunsch ist es, daß nach meinem Tode Rruno Ganz den Ifflandring erhält." Es fällt auf, daß Meinrad seine Verfügung am 26. Jänner 1984 traf, aber erst am 23. November 1984 (auf den Tag genau 25 Jahre, nachdem er den Ring erhalten hatte) hinterlegte. Wem er bis 1984 den Ring zugedacht hatte, bleibt ein Rätsel.

Daß Meinrad eine hervorragende Wahl getroffen hat und der aus Zürich gebürtige Rruno Ganz, der am 22. März sein 55. Lebensjahr vollen det, ein würdiger Träger des Iffland Ringes ist, haben Kritiker und Schau spielerkollegen dieser Tage mehrfach bestätigt. In einem Interview mit dem Schweizer Fernsehen ließ Ganz (kaum erkennbar als vollbärtiger „Penner" während einer „Tatort" Drehpause in München) Freude und Dankbarkeit erkennen und strich als Gemeinsamkeit mit Meinrad den Sinn für „das Einfache", „das Humane" hervor.

Gab der als Sprechkünstler bekannte Ganz (der schon 1991 den hoch sten Schweizer Thea terpreis, den Hans-Reinhart-Ring, erhalten hat) dieses Interview im unverfälschten Schwyzerdütsch, so spricht er sonst ein Rühnen-deutsch, das seinesgleichen sucht. Er hat im Theater, vor allem bei Peter Stein in Rerlin, aber auch bei den Salzburger Festspielen Triumphe gefeiert, er hat in klassischen Rollen (Prinz Friedrich von Homburg, Peer Gynt, Torquato Tasso) ebenso brilliert wie in modernen Werken von Thomas Bernhard, Peter Handke und Botho Strauss oder in anspruchsvollen Literaturverfilmungen (etwa mit Wim Wenders oder Werner Herzog).

Der Iffland-Ring bleibt also nicht in Wien, aber dem neuen Träger sollte das Wiener Rurgtheater schleunigst einige verlockende Rollen anbieten. Das wäre nicht nur im Sinne von Josef Meinrad, sondern im Sinn aller, die es für dringend nötig halten, daß dieses Haus wieder neue Impulse erhält.

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